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Montag, 29. März 2010

In der neuen Heimat

Da wir die Überfahrt zum neuen Liegeplatz der MILES & MORE nach Warns nicht beim ersten Mal von Lemmer über das Ijsselmeer fahren wollten, schlugen wir den Weg durch die Kanäle über Sloten, Woudsend, Heeger Meer, Flüssen, Johan-Friso-Kanal ein. Ich hatte mich vorher erkundigt, ob die Brücken in Friesland, die wir durchqueren mussten bereits geöffnet sind, da die offizielle Segelsaison erst am 1. April beginnt. Aber die pfiffigen Holländer eröffneten die Segelsaison bereits an diesem Samstag, wohl wissend, das in Nordrhein-Westfalen an diesem Tag die Osterferien beginnen und sicherlich die ersten Touris in Friesland einfallen und ihre eigenen bzw. Charterschiffe besetzen.
Beim Abschied aus Lemmer winkte uns Heinz noch lange nach. Er bestätigte mir nachher, dass auch er beim Abschied seiner MILES & MORE noch große Wehmut empfunden hatte.

Ein Schiff ist nicht wie ein PKW – man sagt, ein Schiff hat eine Seele und wenn man - wie er - es über 10 Jahre gepflegt hat und es ihn an alle seine Ziele wohlbehalten getragen hat, fällt die Trennung schwer.
Nun stehe ich am Ruder UNSERER Miles & More und kann es immer noch nicht glauben, dass es unsere eigene sein soll.
Das Wetter ist zwar kalt aber trocken und so passieren wir dick vermummt mit mehreren Schichten Flies und Ölzeug als zweites Schiff der Saison die erste Brücke am Brekkenpolder in Richtung Sloten.. Voller Konzentration steuere ich das Schiff durch den Kanal und beobachte aufmerksam die Geräte vor mir am Steuerstand, derweil Ulla die erste Kanne heißen Tee auf IHRER MILES & MORE kocht. Vor Sloten an einer Gabelung teste ich die Wendigkeit und Manövrierbarkeit des Schiffes, fahre zurück und versuche so die Ruder- und Propellerwirkung besser kennenzulernen.
Hinter Sloten geht es durch ein betonntes Fahrwasser durch das Sloter Meer. In der Ferne erkenne ich einen Schwimmbagger quer mitten im Fahrwasser. „Was will der denn da. Hatten die nicht den ganzen Winter Zeit genug, die Fahrrinne auszubaggern ?“ – schimpfe ich im Stillen in mich hinein. Aber beruhigt fahre ich weiter. Irgendwie werde ich wohl um den Bagger drum herum kommen. Laut Karte soll hier eine Wassertiefe von 2 Meter zur Verfügung stehen. Die Anzeige des Lot geht abwärts 1,80m – 1,70m – 1,60m – 1,50m piep, piep, piep, der Alarm für mangelnde Wassertiefe geht los. Wir haben einen Tiefgang von 1,35m . Nun weiss ich auch, wofür der Bagger dort liegt. Aber Gott sei Dank hört die Pieperei auf, die Anzeige geht wieder in die andere Richtung 1,60m, 1,70m. Mit wachsamen Blick auf die Tiefenanzeige fahren wir weiter, auch um den Bagger herum nach Woudsend hinein. Hinter der Brücke machen wir einen Stop für eine kurze Pause, bevor es weiter geht ins Heeger Meer in Richtung Stavoren. Ich schätze unsere Ankunftszeit an unserem Liegeplatz auf kurz nach 17.00 h. Kurz vor unserem Ziel Warns haben wir noch eine Brücke zu passieren. Ob die wohl noch öffnet nach 17.00 h?
Kurz vor 17.00 h passieren wir die Brücke, aber die Angst war grundlos. Die Brücke ist nun in der Saison bis 20.00 h besetzt. 200 m hinter der Brücke fahren wir rechts in die Marina „Pyramide“ ein und parken ganz sachte in die für uns reservierte Box. Nach dem Festmachen werden die Fender aussenbords gehängt und erstmal ein „Anleger“ getrunken. Ein kühles Bier aus dem gut funktionierenden Kühlschrank schmeckt trotz der etwas gewöhnungsbedürftigen Aussentemperaturen richtig gut.

Ulla zaubert ihr erstes Menue auf der MILES & MORE während ich mich daran setze um die Funktionalitäten des Funkgerätes zu verstehen.
Nach dem Essen blättert Ulla in der Bavaria-Bedienungsanleitung und ich „spiele“ mit dem Plotter. Die Flasche Wein zeigt ihre Wirkung. Um 23.00 h falle ich wieder totmüde und geschafft von dem anstrengenden Tag in die Koje.
Am nächsten Morgen nach einem guten Frühstück untersuchen wir das Schiff in allen Ecken. Da uns Heinz, der ehemalige Eigentümer einiges an Ausstattung, an Leinen, an Pflegemittel und Ersatzteile überlassen hat, mussten wir erstmal eine Bestandaufnahme machen. Unter unseren Kojen im Vorschiff fanden wir neben einem kleinen Fernsehen auch fünf Literflaschen destilliertes Wasser für die Batterien. In der untersten Schublade im Salontisch fanden wir Ersatzteile wie Schrauben, Splinte, Schäkel etc.. Unterm Navy-Sitz gab einige Flaschen Pflegemittel für Gelcoat, Teakholz, Möbel. In den Backskisten waren jede Menge Leinen, Festmacher, Schoten, elektrische Kabel mit unterschiedlichen Steckern, Putzzeug, Eimer, Lappen, Schwamm, eine Ersatz-Gasflasche (leider leer), 2 Bootshaken und, und , …
Nun ging es daran, „klar Schiff zu machen“ damit wir es beruhigt alleine lassen und nach Hause fahren konnten. Die Genuapersenning wurde aufgezogen und die Kuchenbude wurde über das Cockpit befestigt, damit das Teakholz möglichst vor Wind und Wetter geschützt ist. Unter Deck wurde alles an seinem vorgesehenen Platz verstaut, aufgeräumt, der Kühlschrank leer geräumt und gesäubert. Alle elektrischen Verbraucher wurden ausgeschaltet und das Kabel für den Landstrom-Anschluß gelegt. Zum Schluß wurde noch das Deck geschrubbt und die Festmacher zum fünften Male kontrolliert.
Mit vielen vollen Taschen und hoch bepacktes Auto kamen wir vor zwei Tagen auf die MILES & MORE. Nun verlassen wir sie wieder mit leeren Taschen. Vom Steg aus fotografiere ich UNSER Schiff noch einige Male und auf dem Weg zum Auto werfe ich auch noch viele Blicke voller Stolz auf UNSERE MILES & MORE.
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Sonntag, 28. März 2010

Übernahme unserer Miles & More

Freitag, den 26.3.2010 um 10.00 h ist es dann soweit: Miles & More wird wieder ihrem Element übergeben. Mit frischem Antifouling auf dem Unterwasserschiff wartet sie darauf, daß der Kran sie wieder ins Wasser hieft.
Nachdem sie nun wieder schwimmt wird der Mast ebenfalls mit dem Kran gesetzt. Dabei fällt auf, daß der Radar-Reflektor nur noch an einem Ende am oberen Achterstag baumelt. Über den Kranausleger klettert der Junior-Chef von Shipyard flink hinauf und befestigt den Reflektor wieder richtig (denkee ich, wie sich später im Jahr herausstellen sollte).
Nachdem nun die Wanten alle richtig gespannt und der Mast gerade gesetzt sind, wird das Schiff um die Ecke in einen Tages-Liegeplatz gefahren. Der Motor springt sofort beim ersten Starten ohne Mucken an. Am Liegeplatz muss dann die Kabelverbindungen aus dem Mast unter Deck geführt und verbunden werden. Dann werden die Segel angeschlagen und das laufende Gut über die dafür vorgesehen Rollen und Kanäle in das Cockpit geführt. Der Eigner zeigt mir, wie der Kühlwasserfilter gereinigt wird. Abschliessend wird noch die Genua-Persenning montiert und die Kuchenbude aufgebaut.


Parallel zu unserem Wirken kommt der Monteur für die Gasanlage. Der Gutachter H.J. hatte bereits bei seiner ersten Kontrolle noch in der Winterhalle bemerkt, dass eine Überprüfung der Gasanlage längst überfällig war und auch die Gasschläuche unbedingt erneuert werden mussten.

In der Zwischenzeit hat Ulla alle Ecken, Schränke, Schubladen unter Deck kennen gelernt und sich die Bedienung der verschiedenen Geräte wie Kühlschrank und Gasherd zeigen lassen. Überall gibt es noch versteckte Stauräume.

So vergeht die Zeit wie im Flug und mir raucht der Kopf. Soviel neues gelernt an einem einzigen Tag habe ich schon lange nicht mehr. Ob ich das alles am Ende der Saison in umgekehrter Reihefolge alleine schaffen werde?
Mittlerweile ist es Zeit, uns frisch zu machen, denn wir haben unsere Verkäufer für den Abend in das Restaurant „Te Ponktje“ in Woudsend eingeladen. Dieses Lokal war in den letzten Jahren bei jedem Chartertörn ein Pflichtbesuch, denn das Essen - zwar nicht ganz billig - aber dafür sehr gut und eine sehr nette Atmosphäre. Der Innenraum zeigt noch ganz deutlich die alte Kapelle. Wo einst die Kirchenbänke standen, kann der Gast nun an festlich gedeckten Tisch Platz nehmen und sich von dem freundlichen Personal mit den Köstlichkeiten aus der Küche bedienen lassen. Das Überraschungsmenue mit dazu passenden Weinen ist sehr zu empfehlen.
Bevor wir jedoch mit dem Pkw zum Restaurant fahren, müssen wir unseren Pkw am zukünftigen Liegeplatz von MILES & MORE abstellen, da wir am nächsten Tag das Schiff dorthin bringen wollen. So nimmt uns das Eigner-Ehepaar dort mit seinem Pkw auf und wir fahren gemeinsam zum „Te Ponktje“. Nachdem guten Essen geht es wieder zurück zum Schiff. Hier verläßt uns die Frau des Eigners und fährt noch in der Nacht zurück nach Bottrop. Der Abschied von MILES & MORE fällt so schwer, dass sie nicht mehr eine letzte Nacht in ihrer Koje verbringen kann.
Im Cockpit unter der gemütlichen Kuchenbude trinken der alte Eigner und ich noch eine Flasche Rotwein, bevor er seine letzte und Ulla und ich unsere erste Nacht auf der MILES & MORE antreten. Dazu überläßt uns Heinz bereits vorne die Eigner-Kabine. Völlig platt von den vielen neuen Eindrücken und Informationen falle ich sofort in den Schlaf.

Samstag, 27.3.2010
Am nächsten Morgen ist Heinz der erste auf den Beinen und besorgt schon mal für alle frische Brötchen. Um 9.30 h kommt H.J, unser Gutachter, um auch den letzten Teil seines Auftrages zu erfüllen, die Übernahme des Schiffes unter Motor und Segel. Er soll die Funktion der Technik und Segel in Augenschein nehmen. Dazu gehört nicht nur die einwandfreie Funktion des Motors sondern auch der Heizung, aller elektronischen Navigationsgeräte unter und über Deck sowie der Kühlschrank und der Gasherd.
Nachdem im Inneren des Schiffes alles soweit gecheckt und für Gut befunden wird, wird der Motor gestartet, um die Probefahrt zu beginnen.
Aber........!
Der Motor springt zwar wieder ohne Murren an, jedoch tritt kein Kühlwasser aus, was anzeigt, das der Kühlwasser-Kreislauf unterbrochen und somit keine Kühlung gewährleistet ist. Unser Gutachter und auch Heinz suchen die Schuld sofort beim möglicherweise schadhaften Impeller. Schnell sind 8 Schrauben gelöst und der Impeller in augenschein genommen. Tatsächlich sind bereits 2 Gummilamellen angebrochen. Gott sei Dank ist es Samstag morgen und bei der nahegelegenen Volvo-Vertretung kann schnell Ersatz beschafft werden – vorsichthalber noch einen in Reserve für den nächsten fälligen Wechsel, da dieses kleine aber wichtige Teil zu Beginn jeder Segel- (oder besser gesagt Motor-) saison ausgetauscht werden sollte.

So habe ich schon wieder etwas gelernt – das Austauschen des Impeller. Das war dann auch ein Klacks. Der Motor wird gestartet und…………………
……………zeigt immer noch keinen Kühlwasseraustritt. Mehrmals wird der Motor gestartet mal mit weniger, mal mit mehr Gas – ohne Erfolg. Wird eventuell das gestrigen Reinigen des Wasserfilters das Übel zu allem sein ?

Heinz nimmt den Filter wieder auseinander und setzt ihn wieder zusammen – Motor starten – gleiches Ergebnis! Gutachter H.J steigt noch tiefer in die Innereien des Motors ein, demontiert und montiert Schläuche, um den Fluß des Kühlwassers zu kontrollieren – ohne Ergebnis. Das Übel muss im Wasserfilter liegen!

Zur Erklärung: der Wasserfilter besteht aus einem Gehäuse, darin befindet sich ein Sieb. Auf dem Sieb gibt es einen dünnen Deckel mit Gummidichtung. Dann wird das ganze noch luftdicht mit einem größeren Deckel mit Gewinde auf das Gehäuse „handfest“ verschraubt.
Wieder schnell ins Auto und zur Volvo-Vertretung und die richtige Montage der Einzelteile des Filters erklären lassen.: laut Monteur muss die Gummidichtung um den Rand des dünnen Deckels gelegt werdeb, um damit dann den Inhalt des Filters selbst luftdicht zu verschliessen.

Na Gott sei Dank .- wenn’s nicht mehr ist!

Gesagt, getan, neu zusammengebaut, Motor gestartet……………..?????????

Es kommt kein Kühlwasser aus dem Auspuff.
H.J. ist mit seinem Latein am Ende. Er hat keine Erklärung mehr für diese Fehlfunktion. Heinz wird langsam ungeduldig und bangt um den reibungslosen Verkauf seiner MILES & MORE. Der Kopf wird rot und röter – der Blutdruck steigt. „Gestern funktionierte der Motor noch einwandfrei und heute dieser Schaden….!“
Noch ein Versuch: mit samt demontiertem Wasserfilter fährt er noch mal zur Volvo-Vertretung und wird mit Jubel und Handschlag begrüßt. Ob ihm jetzt beim dritten Besuch am selben Tag auch das „DU“ angeboten wurde, ist nicht überliefert. Heinz mogelt sich durch den Verkaufsraum in die Werkstatt zu einem Mechaniker mit Öl verschmierten Händen. „Erklär mir mal bitte, wie Sie den Wasserfilter zusammenbauen!“
Voller Stolz kommt Heinz zum Schiff mit den Einzelteilen des Filters zurück. Jetzt aber…!
Zuerst den Gummiring um den Rand des Siebes (nicht um den dünnen Deckel), dann das Sieb in das Gehäuse, den dünnen Deckel drauf und den großen Deckel „handwarm“ darauf schrauben. Schnell wie ein Wiesel den Niedergang hoch ins Cockpit, den Motor starten und……..?

Was erwartet der Leser???? Wieder nix……!
FALSCH !

Der Motor schnurrt, das Kühlwasser verläßt die dafür vorgesehene Öffnung im Rumpf als hätte es nie Probleme gegeben. Heinz fallen mindestens 15 kleingebröselte Mittelgebirge vom Herzen – Gott sei Dank! Nun kann die Probefahrt beginnen. H.J kontrolliert vorwärts, rückwärts, das Ruderspiel etc. Dann werden auf einem längeren freien Stück im Princess-Margriet-Kanal die Segel hochgezogen. Auch hier gibt es keine Beanstandungen. Segel und laufendes Gut sind noch einwandfrei in Ordnung.
Zurück am Liegeplatz verabschieden wir uns von unserem Gutachter H.J. und bedanken uns noch mal für seine große Geduld und Unterstützung am heutigen Morgen. H.J. beglückwünscht uns zu dem Kauf der MILES & MORE und bestätigt uns noch mal, hiermit sicher keinen Fehlgriff getan zu haben.
Abschliessend übergibt Heinz mir noch eine Tasche mit einem dicken Ordner voller Dokumente, Papiere und Bedienungsanleitungen für alle installierten Geräte. Die einwandfreie Übergabe der MILES & MORE wird von mir schriftlich bestätigt.
Nun sind wir die neuen Eigner der MILES & MORE .