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Samstag, 7. Juli 2018

Rund Nord-Holland, Amsterdam, Waterplanten und blind durch die Nacht

1.7.2018  -   Sonntag  - Ziel Texel


Stefan mit Sohn Finn reisten gestern Nachmittag an. Beide waren schon einige Male an Bord der Miles & More, entweder einzeln oder auch zusammen, und wir hatten immer sehr schöne Erlebnisse.
Da beide eine ganze Woche Zeit haben, hatte ich mir schon Mal als Törnziel rund Nord-Holland vorgestellt. Das hatte ich vor einigen Jahren mit Stefan schon im Uhrzeigersinn gesegelt. Dieses Mal sollte es dann in umgekehrter Richtung gehen. Dieser Törn sollte viel Abwechslung bringen, neben unserem Heimaterevier, dem Ijsselmeer, geht es ins Wattenmeer auf die Insel Texel. Von hier 50 km entlang der holländischen Küste bis Ijmuiden, dem Seetor für Amsterdam, alles unter Beachtung der Gezeiten. Über den vielbefahrenen Noordzee-Kanal wollen wir einen Stop in Amsterdam einlegen. Durch das Markermeer wird es dann wieder mit nördlichem Kurs ins Ijsselmeer gehen. Falls dann noch Zeit sein sollte, schaffen wir auch noch einen Abstecher durch die Kanäle zu unserem Heimathafen. Der Wetterbericht verspricht "Kaiserwetter" für die ganze Woche - schau'n mer mal!


Um 9.00 h heißt es "Leinen los" in Warns. Die erste Schleuse raus auf's Ijsselmeer ist schnell passiert und uns empfängt ein "krachtiger Wind"! 15 - 20 kn Wind aus Ost geben mir das Zeichen, das Groß nur stark gerefft zu setzen. Mit 6,5 - 7 kn auf der Logge steuert uns Finn bei halbem Wind wie ein Profi Richtung Wattenmeer. Da der Wind noch weiter zulegt legt sich auch die MILES & MORE ordentlich auf die "Backe". Die kleine Glocke im Salon gibt einen kurzen Gong. Das ist für mich dann immer das Zeichen noch weiter zu reffen. Wir verkleinern auch noch die Genua. Kurz vor 12.00 h haben wir die Lorentzsluisen in Kornwerderzand erreicht und auch kurz darauf schon passiert. Draussen im Wattenmeer geht es dann mit west- bzw. nordwestlichem Kurs Richtung Texel. Nur mit der Genua haben wir bei mitlaufendem Strom bereits nach 3 Stunden den Hafen Oudeschild erreicht.
Der Spaziergang in den Ort ist nur kurz; es ist Sonntag und alles geschlossen. Keiner ist unterwegs. Nachdem Abendessen gehen Stefan und Finn noch an den nahen Strand für eine Abkühlung im Salzwasser.

Heute wurden 24 sm zurückgelegt, davon 2 h unter Motor

2.7.2018  -  Montag  -  Ziel Ijmuiden





Nun befinden wir uns in der Nordsee, d. h. für uns, die Gezeiten sind zu beachten. Um 11.50 h ist Hochwasser in Oudeschild, um 15.00 h ist Niedrigwasser in Ijmuiden. Für unseren Kurs von Nord nach Süd sollten wir das ablaufende Wasser nutzen. So gibt uns die Ebb-Strömung noch einen Schub von 1-2 kn. Da wir schon früh abfahrtbereit sind, legen wir bereits um 10.20 h ab. Nun haben wir noch den Strom der Flut zunächst gegen uns aber wir sind wenigstens schon Mal unterwegs. Gestern Abend wurde uns für heute morgen Ostwind der Stärke 4-5 angekündigt. Da ich einen enormen Respekt vor der Nordsee habe, setzen wir nach der Hafenausfahrt das Großsegel mit einem Reff. Nur 3 Windstärken und der gegenlaufende Flutstrom lassen uns zu Beginn zu mühsam vorwärtskommen.
Als wir dann die Nordecke der holl. Küste an backbord querab haben reffen wir aus und segeln mit Kurs 190° Richtung Süden entlang des endlosen Strandes. Die Urlauber kommen bestimmt bei dem strahlend blauen Himmel und Ostwind - d. h. sie liegen im Windschutz der Dünen - auf ihre Kosten. Wir aber auch. Wir genießen herrliches Segeln bis vor die Einfahrt des Hafens Ijmuiden. Um 17.40 h liegen wir fest und spülen mit einem Bier den Geschmack der salzigen Luft herunter. Abends nach dem Essen ziehen wir mit einem guten Tropfen aus Rheinhessen zum Strand und setzen dem perfekten Tag noch das i-Tüpfelchen auf. Hier kommt wieder mein Spruch: " Herr Doktor, ich spüre Linderung!"

Zurückgelegte Distanz: 29 sm  -  0,8 h unter Motor


3.7.2018  -  Dienstag  -  Ziel Amsterdam


Die Marina Ijmuiden liegt auf der Seeseite des Nordzeekanals. So haben wir heute als erstes wieder eine Schleuse zu passieren: die Oranjesluizen. Hierdurch müssen alle Pötte, die ihre Fracht in Amsterdam zu löschen oder zu laden haben. Da uns der Wind entgegen kommt, müssen wir drei Stunden bis Amsterdam motoren. Wir gehen um 15.00 h für die Nacht nicht in den allseits bekannten Sixthaven sondern zum ersten Mal in die seit wenigen Jahren fertig gestellte Amsterdam Marina. Was soll ich sagen? Alles vom Feinsten! Wir haben zwar einige Schwierigkeiten, unser Liegegeld für die Nacht beim Hafenmeister loszuwerden, aber nach einigen Anläufen über Funk und Telefon treffen wir ihn dann doch in seinem Büro an. Aber es ist kein ER sondern eine SIE - und zwar sehr nett und freundlich. Der Liegeplatz, den wir uns bereits ausgesucht hatten, ist auch für sie ok. Sie gibt uns den Code für die sanitären Anlagen (den hatten wir uns auch schon von einem anderen Gastlieger geben lassen), erklärt uns wo die kostenlose Fähre zur anderen Seite Kanals in die City abfährt und wünscht uns einen schönen Aufenthalt in Amsterdam. Beim ersten Besuch der keramischen Anlagen bin ich echt überrascht: die Duschkabinen sind riesig groß, jede für sich nochmal mit einem Waschbecken und Platz genug sich aus-, an- oder umzukleiden. Stefan entdeckt auch einen Raum mit einer Badewanne, aus der man dann liegend mit Blick auf die Skyline der City sich entspannen kann - und - man kann zwar rausschauen aber nicht reinschauen - super gemacht! Wir vergeben fünf *****
Mit der Fähre geht es dann rüber auf die andere Seite zum Central-Bahnhof und von dort zu Fuß in die Stadt. Finn läßt uns mit Hilfe der modernen Taschenelektronik zum "HARD ROCK CAFE" führen. So sehen wir auch viel von der Stadt und nehmen die Atmosphäre in uns auf. Als Universitätsstadt sind die vielen junge Leute auffallend. Diese bewegen sich hauptsächlich mit der Fiets, dem Fahrrad vorwärts. Und davon gibt es eine Unmenge. An Kreuzungen gibt es extra Fahrradspuren und -Ampeln, die dafür sorgen sollen, dass es nicht zu Unfällen untereinander kommt. Ich habe das Gefühl, daß sich Autofahrer und Fußgänger den Fahrrädern absolut unterzuordnen haben. Nicht nur das fantastische Wetter sorgt dafür, daß die Kneipen und Café's gut gefüllt sind. Ich bin kein Freund von Großstädten mit ihrem Verkehr, Gestank und ihrer Hektik. Aber Amsterdam hat was...!
Nachdem die Souvenirs eingekauft sind, geht es langsam wieder zurück zum Bahnhof, entlang der vielen Grachten und schmalen Giebelhäusern. An vielen Stellen verweilen wir für einige Fotos und lassen die Atmosphäre auf uns wirken.


Zurückgelegte Distanz per Schiff: 13 sm  -  3,3 h unter Motor


4.7.2018  -  Mittwoch  -  Ziel: Hoorn



Um 9.40 h legen wir in der Amsterdam Marina ab, fahren wieder vorbei am Central-Bahn weiter den Nordzeekanal Richtung Osten. Nach einer Stunde haben wir schon die Autobahnbrücke und die Schleuse ins Markermeer passiert. Ohne es zu wissen, haben wir den richtigen Zeitpunkt getroffen, denn in der Rush-Hour morgens und abends wird die Autobahnbrücke nicht für die Schifffahrt geöffnet. Im Ijmeer - so heisst der Teil des Markermeeres hier -  empfängt uns ein leichter Wind aus Nordwest. Wir segeln zunächst entlang der Schifffahrtsstraße ostwärts vorbei an der Pampus Festung bis unser Tagesziel und der Wind uns zwingt zu wenden und Richtung Norden
zu segeln. Aber schon bald ist ein Vorwärtskommen nicht möglich. Es weht zwar ein leichter Wind, der uns eigentlich langsam vorantreiben sollte, aber wir stehen! OKAY, dann muß es unter Motor weiter gehen. Aber die von mir übliche Marschfahrt von ca. 5,3 kn bei 1800 Upm stellt sich nicht ein. Maximal 4 kn können wir erreichen. Warum? Ich ahne es: das Markermeer ist berüchtigt für seine Waterplanten. Deren lange Schlingen haben uns eingefangen, sich um das Ruderblatt und den Propeller gelegt. Diese stoppen unsere Fahrt enorm, sodass wir erst gegen 17.00 h Hoorn erreichen. Wir haben Glück und bekommen an der Kade im Binnenhafen einen schönen Liegeplatz längsseits. Nun kommt ein weiteres, fast unlösbares Problem auf uns zu. Aber nur fast...….Beim Spaziergang durch die Stadt gilt es ein Restaurant für den Abend zu finden, ein Restaurant von vielen, denn viele ausgehängte Menuetafeln sind ansprechend, können uns aber nicht entscheiden. Natürlich möchten wir auch gerne bei dem herrlichen Wetter draußen sitzen. So laufen wir einmal bis zum Marktplatz und wieder zurück Richtung Binnenhafen. Hier fällt dann die Entscheidung für "de Korenmarkt", ein Restaurant direkt am Wasser. Und draußen sind auch noch drei Plätze frei für uns. "Warum in die Ferne schweifen, wenn das Gute liegt so nah!" Nach diesem problemträchtigen Tag lassen wir uns mit einem riesigen Topf "Mosselen" verwöhnen. Allerdings auch für einen riesigen Preis...….

Zurückgelegte Distanz per Schiff: 28 sm  -  6 h unter Motor


5.7.2018  -  Donnerstag  -  Ziel: Ankern in der Lemmerbucht


Nach der Ausfahrt aus dem Hafen setzen wir sofort Groß und Genua. Der Wind weht aus Nordwest mit 2 bft. Das sind jetzt nicht unbedingt Windgeschwindigkeiten bei denen das Toupee wegfliegt aber trotzdem sollten wir doch etwas schneller fortkommen als mit den angezeigten 2,5 kn. Als wir dann die Ecke Osterleek erreichen und etwas höher an den Wind gehen können geht es zwar etwas schneller, aber so richtig gefällt mit die MILES & MORE nicht. Da hatte sie schon bessere Tage. Sollte sie etwa immer noch ein Paket Waterplanten mit sich schleppen? Um 13.00 h haben wir die Schleuse Enkhuizen ins Ijsselmeer hinter uns. Es läßt mir kein
e Ruhe. Wir versuchen nochmal von der Badeplattform aus mit dem Bootshaken unter dem Rumpf einige Schlingpflanzen zu lösen. Wir können uns auch von ein paar trennen, zwar widerwillig - aber immerhin....es hat etwas gebracht. Nun zeigt die Logge wieder 6,3 kn Speed an. Na bitte! Geht doch!
Um 16.30 h legen wir tief im Osten der Lemmerbucht den Anker auf 2,20m Wassertiefe. Hier nutze ich die Gelegenheit zu tauchen, um den Schlingpflanzen nun nachhaltig auf den Pelz zu rücken. Mit Erfolg! Nun ist endlich alles ab!

Zurückgelegte Distanz per Schiff: 26 sm  -  0,8 h unter Motor

6.7.18  -  Freitag   Ziel: Makkum…………...oder doch nicht! Workum!


Wir hatten uns gestern für den heutigen Tag eine Nachtfahrt vorgenommen, d. h. es war mein Wunsch, mal eine Nachtfahrt - zumindest teilweise bei Nacht - durchzuführen. Gesagt - getan! Wir stellen unsere Wecker auf 2.00 h nachts, um den Anker um ca. 2.30 h hochzunehmen. Das klappt auch soweit. Vor dem Start kochen wir noch einen Pott Kaffee und Tee, schmieren uns ein Brot und los geht's! Die Positionsleuchten und das Motorlicht brennen vorschriftsmäßig. Es sind weder Mond noch Sterne zu sehen, es ist einfach nur s t o c k d u n k e l ! Die Anzeigenbeleuchtung im Cockpit ist gedimmt. Dennoch wollen sich meine Augen einfach nicht an die Dunkelheit gewöhnen. Die Toplichter vom nahen Windpark blinken in ihrer eigenen Komposition, auch einige beleuchtete Tonnen sind auszumachen, für die ich jedoch keinerlei Entfernung schätzen kann. Ich sehe einfach nur schwarz und kleine Blinklichter. Ich steuere nur nach den Instrumenten, ein sogenannter Instrumentenflug - oder Instrumententörn oder -schlag. So hatte ich mir das nicht vorgestellt! Es sollte doch ein Schlag in einer warmen, sternenklaren Sommernacht sein....Als wir dann die rote Tonnenreihe, die von Lemmer raus bis zum Vrouwezand steht, an steuerbord haben, setzen wir die Segel, jedoch vorsichtig mit einem Reff. Stefan und Finn haben offensichtlich keine Probleme mit der Dunkelheit, oder sie nehmen es als Gott gegeben hin. Ja, und die rote Tonnenreihe? Ich sehe vier beleuchtete Tonnen. Aber bei Tag sind es doch viel mehr! Ein Blick auf den Plotter - die Papierkarte bestätigt es - es sind insgesamt 22 Tonnen, aber nur 4 beleuchtet. Na super! Dann versuchen wir doch mal, die unbeleuchteten dazwischen zu treffen...…..Nein, natürlich nicht! Ich fühle mich aber äußerst unsicher. Das Gefühl kenne ich sonst nicht auf der MILES & MORE. Ob es "nur" der fehlende Schlaf ist? Gott sei Dank zeigt sich um 4.30 h am östlichen Himmel der erste schwache Lichtschein. Der Tag kämpft sich durch und vertreibt die Nacht. Der Wind kommt mittlerweile aus Nordwest mit 3-4 bft. - also gegenan. Wir haben keine Lust zu kreuzen, der Motor muß helfen, unser Ziel zu erreichen. Wir geben unser Tagesziel Makkum auf und steuern die Schleuseneinfahrt von Stavoren an. Hier legen wir um 7.00 h an, da die Schleuse erst um 8.00 h ihr Tagewerk beginnt. Wir haben uns mittlerweile entschlossen, unseren Heimathafen anzusteuern und uns dort für ein paar Stunden schlafen zu legen. Dann sehen wir weiter....
Um 12.30 h fahren wir halbwegs gestärkt wieder zurück zur Schleuse, setzen danach die Segel und genießen bei herrlichem Sonnenschein und 5-8 kn Wind einen stressfreien Schlag nach Workum. Hier machen wir um 15.30 h für die Nacht im Kanal der Stadt fest.


Zurückgelegte Distanz per Schiff: 21 sm  -  3 h unter Motor





7.7.18  -  Freitag   Ziel: Warns



So, die Strapazen des gestrigen Tages bzw. der 2-stündigen Nachtfahrt sind verdaut, die Körper wieder regeneriert. Kurz nach 10.00 h geht es weiter binnen durch die Hinterhöfe der Workumer Einwohner, durch die Wiesen in das Gaastmeer und weiter ins Heeger Meer. Hier legen wir noch mal den Anker für 2 Stunden nahe der Insel Langehoekspolle. Wir genießen nochmal das traumhafte Wetter, springen ins Wasser und faulenzen im Cockpit. Und als kleinen Snack serviert Stefan uns Ziegenkäase mit Honig auf Apfelscheiben - köstlich! Um 15.15 h sind wir wieder fest in Warns.

Zurückgelegte Distanz per Schiff: 13 sm  -  2,1 h unter Motor


Fazit: Für mich war es ein erholsamer Törn da ich nun auch mal die passive Rolle übernehmen konnte. Dank Stefan und vor allem Finn, der sich am Ruder festgebissen hatte, war es Urlaub pur!

Wie vorhergesehen, war es ein interessanter Törn mit vielen Abwechslungen. Amsterdam war eine Reise wert und sieht auch mich sicher irgendwann wieder. Aber!...…. um das Markermeer mit seinen Waterplanten werde ich sicher die nächsten Jahre einen Bogen schlagen. Da müssen die Unterwassermähwerkzeuge erst Mal ran. Ja - und Nachtfahrten?  Auch da muß ich noch Mal ran, aber nicht mehr dieses Jahr. Aber nächstes Jahr bei sternenklarer lauer Sommernacht...….! Versprochen!


 




Unsere Eindrücke seht ihr im Film hier: