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Mittwoch, 10. September 2003

Sippentörn Nr. 5 - Elba / Cap Corse



30.8.2003


Am frühen Abend trefen wir uns bei Schwager Peter C. in Dirmstein und starten weiter Richtung Süden. Wir, das sind Schwager Peter M., Neffe Stefan M. Schnell geht es südwärts in die Schweiz. Über Nacht überqueren wir die Alpen und kommen viel zu früh in Piombino für unsere gebuchte Fähre nach Elba an.


31.8.2003

 

Bei der Meldung im Hafenbüro haben wir jedoch Glück. Wir können auch eine frühere Fähre nehmen, da diese nicht ausgebucht ist. Das nehmen wir gerne an. So erreichen wir nach 1 1/2 Std. Überfahrt bei strahlendem Sonnenschein Portoferraio auf Elba. In der Bucht liegen viele Segler und Motorboote vor Anker. Auch die Entladung der Fähre geht zügig vonstatten und so sind wir bereits früh an der Marina und sind gespannt auf unser Schiff. Leider sind wir viel zu früh. Die Yacht ist noch nicht fertig für die Übergabe. Wir verkürzen uns die Zeit indem wir die Stadt besichtigen. Weithin sichtbar sind die Befestigungsanlagen aus dem 16. Jrht. Elba ist vor allem bekannt durch Napoleon, der hierin ins Exil verbannt wurde. Heute hat Portoferraio 12.000 Einwohner. Am Nachmittag können wir dann endlich unsere "AMICA" übernehmen, eine Bavaria 34. Sie ist ausgestattet mit einem Blister, Dinghi und Aussenborder. Nachdem die AMICA auch mit unserem Proviant beladen ist geht's wieder in die Stadt zum Abendessen.

1.9.2003

 

Am nächsten Morgen starten wir zu unserer ersten Etappe nach Capraia. Es weht nur wenig Wind aus NE, zu wenig, um uns mit Genua und Großsegel voranzutreiben. Das ist die beste Gelegenheit den zur Sonderausstattung gehörenden Blister auszuprobieren. Der Blister ist ein Leichtwindsegel, das seine beste Wirkung bei halbem oder raumem Wind zeigt. Es ist unsere erste Erfahrung mit dieser Art von Vorsegel. Das Setzen erfolgt aus einem langen Schlauch heraus, der an einem separaten Fall gesetzt wird. Ist der Schlauch hochgezogen, zieht man an einer separaten Leine diesen Schlauch hoch und das Segel kann sich entfalten. Als das Segel sich aufgebläht hat, lassen wir das Dinghi zu Wasser. Stefan bewaffnet sich mit der Kamera und fährt mit einigem Abstand um das Schiff herum, um Fotos zu machen. Als der Wind noch weiter einschläft fahren wir unter Motor weiter zu unserem Tagesziel. Capraia gehört ebenfalls zum toskanischen Archipel und liegt ca. 25 sm NW von Elba. Auf seinen ca. 19 qkm leben nur ca. 400 Einwohner. Die Insel war von 1945 bis 1986 eine Strafkolonie und ist heute zum größten Teil ein Nationalpark. Im kleinen Hauptort Porto Vecchio gibt es ausser ein paar kleinen Geschäften nicht viel zu sehen. So geniessen wir den Nachmittag und Abend bei lauen Temperaturen im Cockpit unserer AMICA.





2.9.2003


Der nächste Tag führt uns nach Centuri im äussersten NW von Korsika. Centuri ist ein sehr kleiner und enger Fischerhafen. Schon in der Hafeneinfahrt müssen wir aufpassen, denn hier lauern unter der Wasseroberfläche gefährliche Felsklippen.


Wir experimentieren nicht lange und legen vor Buganker mit dem Heck - das sog. römisch-katholisch -  an den nächsten freien Platz an einer kleinen Betonpier. Nach dem üblichen Anlegerbier machen wir eine kleine Stadtbesichtigung. Auch hier spielt das Hauptgeschehen direkt am Hafen, bzw. an der schmalen Straße entlang des kleinen Hafenbeckens. Hier reihen sich ein paar Geschäfte und wenige Restaurants nebeneinander.
Als wir zum Schiff zurückkehren hat gerade ein weiteres Boot, ein Motorboot angelegt. Auf dem offenen Heckbereich des Bootes befindet sich ein großes rundes Gerät welches in zeitlichen Abständen seltsame Geräuche vo sich gibt, als wenn es Luft ablassen würde. Nach einigen Überlegungen kommen wir zu dem Schluß, dass es sich um eine Dekompressionskammer handeln muß wie sie von Berugstauchern benutzt wird. Später am Abend öffnet sich plötzlich diese Kammer und tatsächlich steigt ein Mann heraus. Neugierig wie wir sind fragen wir ihn über sein Woher, Warum und Wohin aus. Und tatsächlich - es handelt sich um einen Berufstaucher, der in großer Tiefe längere Zeit getaucht war und sich anschliessend in der Kammer wieder langsam an den gewohnten Luftdruck gewöhnen musste.
Der Wetterbericht kündigt für die Nacht eine Gewitterfront aus Westen heranziehend an. Während
des Abendessens sind auch schon einzelne Wetterleuchten am Himmel erkennbar. Nur sehr unruhig gehe ich schlafen.

3.9.2003


Kurz nach Mitternacht macht sich ein erstes Donnergrollen bemerkbar. Als es näher kommt nimmt auch der Wind spürbar zu. Das Schiff beginnt an der Ankerkette zu ziehen. Ich schäle mich aus der Koje, um die Lage draußen zu checken. Der Wind drückt das Schiff  mit dem Heck vor die Betonpier. Nur der Kugelfender schützt es vor größeren Schäden. Nach und nach kommt auch die Crew aus ihren Kojen. Zunächst versuchen wir durch Anziehen der Ankerkette den Druck von dem Fender zu nehmen doch der Wind nimmt weiter zu. Mittlerweile haben sich drei Gewitter direkt über Centuri getroffen. Warum auch nicht! Es gibt ja bestimmt keinen schöneren Ort im ganzen westlichen Mittelmeer für das Stelldichein mehrerer Unwetter. Es blitzt und donnert was das Zeug hält. Dazu regnet es in Strömen. Der Windmesser zeigt Böen von bis zu 50 kn an. Der Druck des Schiffes auf die Pier vergrößert sich immer mehr. Mittlerweile haben wir schon weitere Fender von der Seite zum Heck geholt und halten diese mit der Hand immer an die Stellen, die gerade am meisten gefährdet sind. Dazu versuchen wir ebenso mit unseren Beinen das Heck wegzudrücken. So verbringen wir die ganze Nacht zu viert auf auf dem Heck unseres Schiffes.
Den Unwettern gefällt es offenbar über Centuri. Sie machen keine Anstalten weiterzuziehen sondern verharren auch noch bis es hell wird an Ort und Stelle. Der Wind macht ein Ablegen aus dem kleinen Hafen unmöglich. Als der Wind dann gegen 7.00 h doch langsam nachlässt versuchen wir ein Ablegen. Zwei Mann mittschiffs backbord und steuerbord mit Fendern bewaffnet, einer vorne an der Ankerwinsch und einer am Ruder gelingt es uns, immer noch unter leisem Donnergrollen ohne Schrammen aus dem engen Hafenbecken hinaus aufs offene Meer zu manövrieren. Die Gewitter verziehen sich langsam Richtung italienischem Festland während wir Kurs auf Bastia, eine größere Hafenstadt an der Ostküste Korsikas nehmen. Als wir  das Nordkap von Korsika umrundet haben und wir uns in Lee des korsischen Gebirges befinden wird auch das Wasser ruhiger und wir können alle gemeinsam im Cockpit frühstücken. Die Gedanken an letzte Nacht lassen uns nicht los und wir diskutieren über die Eindrücke jedes einzelnen und über unser Handeln - was haben wir richtig gemacht, was haben wir falsch gemacht, was hätten wir besser machen können. Aber Gott sei Dank ist nichts passiert, ausser ein paar Stunden fehlendem Schlaf  haben Mensch und Material nicht gelitten. Nach dem Passieren des Nordkaps sind es noch ca 20 sm bis Bastia, was wir am frühen Nachmittag erreichen. Bevor wir jedoch in den Hafen von Bastia einfahren machen wir mitten auf dem tyhrennischen Meer einen Badestop. Während ein Crewmitglied am Ruder die Stellung hält, springen die anderen im Wechsel ins ca. 25° C warme Wasser. Im Nachhinein war dies nicht ganz ungefährlich da die Schnellfähren, die Korsika mit dem franz. und ital. Festland verbinden, nicht weit von uns durch das Meer pflügen und eine enorme Welle verursachen.
Im Yachthafen von Bastia angekommen, machen wir an der "Mole des Pecheur" mit dem Heck an der Mooringleine fest.
 
Nachdem das Schiff aufgeklart ist und wir unseren obligatorischen "Anleger" getrunken haben, machen wir uns "landfein" und spazieren den Kai entlang Richtung Stadtmitte.
An der Aussenmole des Fährhafens liegt in voller die "Royal Clipper", ein Fünf-Mast-Vollschiff, welches als Vorbild die legendäre PREUSSEN hat. Die Royal Clipper ist als Kreuzfahrtschiff unterwegs und trägt heute ihre eletären Gäste mit allem Luxus über die Weltmeere, ohne jedoch das Flair eines großen Seglers zu verbergen.
Unser Spaziergang dauert nicht langee; der Hunger treibt uns in ein Restaurant auf der Promenade unweit des Großseglers. Hier sitzen wir in der ersten Reihe und haben Gelegenheit, die Leute zu beobachten, die dieses imposante Schiff verlassen oder wieder besteigen. Die Aussicht ist zwar top, das Restaurant aber leider nicht. Gefühlte zwei Stunden müssen wir warten, bis ein Kellner sich unserer erbarmt und die Bestellung aufnimmt. Nach dem Aperitf-Bier ordern wir eine Flasche Rosé. Der Kellner deckt nun neben en Bier-, Rotwein- und Wasser-Gläsern, die schon an jedem Platz stehen, auch Rosè-Gläser ein.So hat jeder von uns jetzt 4 verschiedene Gläser auf dem Tisch stehen und wir verlieren schon den Überblick. Das Essen schmeckt, wie der Kellner sich gibt - nur unwillig zu geniessen. Bei der zweiten Flaschen bekommen wir nochmal jeder ein neues Rosè-Glas. Das wird nun dem Kellner, bzw. dem Restaurant zum Verhängnis. Da uns am ersten Segeltag bereits ein Glas auf der AMICA zerdeppert ist, sollten wir dieses unbedingt ersetzen. Wenn nicht jetzt - wann dann?! Da bei den unzähligen Gläsern auf unserem Tisch sowieso keiner mehr den Überblick hat, der Kellner sowieso nicht, findet auch noch ein zweites Glas auf seltsame Weise auf der AMICA eine neue Heimat. Man weis ja nicht, was unterwegs noch alles passiert.....
Der weitere Abend verläuft unspektakulär. Zwar nicht g u t aber v o l l gefressen und halb voll getrunken findet jeder wieder rechtzeitig seine Koje.


4.9.2003


Der heutige Tag soll uns von Bastia wieder zurück zur Insel Elba bringen. Ca. 35 sm müssen wir über das Tyrhennische Meer überwinden. Bei halbem Wind = Nordwind und leichter Bewölkung starten wir um 10.00 h von Bastia. Kurz nach der Hafenausfahrt setzen wir Großsegel und Genua und folgen dem Kurs 90°. Mit diesem Wind bedeutet das, wir können mit einer Segelstellung die gesamte Strecke überwinden - wenn derWind nicht dreht. Die Sicht ist gut und wir erkennen schon nach zwei Stunden vor uns die Silhouette von Elba während das Hochland von Korsika in dicken dunklen Wolken eingeschlossen ist.
Ca. 5 sm vor Elba drehe ich mich noch einmal rum. Hinter uns hat sich der Himmel gewaltig verdüstert und über Korsika zucken einige Blitze. Nicht schon wieder.... Im Laufe der nächsten Minuten erkennen wir, daß das Unwetter weiter langsam von West nach Ost zieht - uns hinterher.
Wo wir sind, ist es am schönsten - das wissen nicht nur wir, sondern offensichtlich die mediteranen Unwetter auch. Am Horizont bildet sich aus einer tiefschwarzen Wetterfront ein ebenso dunkler Schlauch - bis zur Wasseroberfläche. Ein Squall oder Windhose. Das ist nicht das, was ein Segler unbedingt braucht. Mir rutscht das Herz in die Hose.... Während Stefan steuert, sitzen wir anderen im Cockpit, den Blick stur nach Westen gerichtet. Das Unwetter kommt näher - zunächst zwar langsam, dafür aber immer bedrohender. Wie soll das weitergehen......? Wie wird das enden......? Horrorgeschichten von anderen Seglern schiessen mir durch den Kopf, die Erlebnisse eines Geschäftsfreundes, der während seiner Atlantiküberquerung solche Squalls erlebt hat. Seine Schilderungen habe ich förmlich aufgesogen als er mir seine Gedanken, seine Emotionen darüber erzählte.
Vorsichtshalber reffen wir beide Segel, wir reduzieren beide um die Hälfte. Schon bald holen wir sie ganz ein und starten den Motor. Wir wollen den kommenden Böen möglichst wenig Angriffsfläche bieten. Die schwarze Wand kommt immer schneller... Kosrsika ist schon lange verschwunden. Der Horizont auch. Die Wellenhöhe ist moderat -ca. 0,5 m. Wenn wir zurückblicken, so weit das Auge reicht, eine einheitliche schwarzgraue Wand - das Wasser, der Himmel - wo ist oben, wo ist unten? Wie müssen wir uns in einer solchen Situation verhalten? Keiner von uns hat eine ähnliche Situation jemals erlebt - nicht an Land, geschweige denn auf dem Wasser. Wir ziehen alle unser Ölzeug an, obwohl man es auch gut im T-Shirt aushalten kann. Rettungsweste und Lifebelt ziehen wir wieder über, was wir vorher über dem T-Shirt anhatten. Das andere Ende des Lifebelts wird in eine Öse im Cockpitboden eingehakt.
Mittlerweile haben wir den Monte Capanne, Elbas höchste Erhebung mit seinen gut 1000 m Höhe an backbord.  Auch er wird schon teilweise von einer schwarzen Gewitterwolke eingehüllt. Um seinen Gipfel blitzt und donnert es gewaltig.Wir notieren die aktuelle Position ins Logbuch: 42°42,14 N, 10°11,0 E, ca. 2 sm südlich der Insel. Es hat schon lange angefangen zu regnen, bisher noch verhalten, aber jetzt....was jetzt losgeht kann ich nicht wirklich beschreiben. Es wird schlagartig dunkel. Ich bitte Peter, unsere Positionslampen einzuschalten, (hätte ich schon länger dran denken können) aber wer soll uns in diesem Wetter hier sehen? Ich kann ja noch nicht mal unseren eigenen Bugkorb sehen. Ach neee, Segeln ist soooooooo schön......
Es schüttet wie aus Eimern. Der Regen hat so viel Kraft, daß er die Wellen runterdrückt. So gewaltig es von oben kommt, so ruhig ist das Meer. Bis auf die Kreise, die die Regentropfen auf der Wasseroberfläche bilden, zeigt das Meer keinerlei Bewegung, fast ölig liegt es da - eigentlich richtig beruhigend. Aber man sieht es auch nur 3 - 5 Meter weit.....
Mit nur wenig Gas tuckern wir in dem Geprassel des Regens langsam vorwärts. Der nächste - einigermassen vertrauenserweckende Hafen - ist wohl Marina de Campo. Aber den können wir bei der momentanen Sicht auf keinen Fall anlaufen. Also halten wir uns weiter in gebührendem Abstand von fester Landmasse draussen auf See. Irgendwann muss das Wetter ja auch weiter ziehen - auf Italiens Festland gibt es auch noch schöne Orte, die Regen benötigen!
Langsam wird es wieder heller, das Wetter hat uns überholt und zieht weiter gen Osten. Wir nehmen ganz langsam Kurs auf Marina el Campo. Das ist der nächste Hafen. Als wir dort ankommen ist alles voll - fast alles. An der äussersten Pier ist noch ein Platz frei. Ein anderer Segler winkt uns heran. Hinter derm Unwetter brist es wieder auf und es ist nicht leicht hier rönisch-katholisch anzulegen, aber mit Hilfe der Segler an Land klappt es. Als das Schiff endlich fest ist, gibt es eine Runde Bier. So ein Wetter müssen wir nicht noch einmal haben.
Nach dem Essen fahren Stefan und Peter mit dem Dinghi an die Ostküste der Bucht  und besuchen das alte Fort. Ich bleibe auf dem Schiff und geniesse die Ruhe nach dem turbulenten Tag.









5.9.2003

 

Am nächsten Tag setzen wir unsere Umrundung Elbas fort. Wir fahren ein Stück in den Golfo Stella rein und ankern dort für die Mittagspause. Dann geht es weiter nach Porto Azurro. Dies ist ein hübscher Ort - typisch Italien. Ein malerisches historisches Viertel und eine attraktive Uferpromenade laden zum Flanieren ein.

6.9.2003

 

Unser heutiges Ziel ist Rio Marina. Als Bergbauort und Eisenerz-Hafen hat sich der Ort Rio Marina einen Namen gemacht. Einst war das Dorf Elbas Bergbauzentrum. Eisenerz wurde rund um den Ort abgebaut und in der Marina verschifft. Anfang der 1980er Jahre kam das Ende des Bergbaus. Heute schlendern Elba-Urlauber durch die Gassen des Hafenstädtchens.


 

 

 

 

7.9.2003

 

Heute ist schon wieder der letzte Tag unseres Sippentörns. Es geht um die Norsostspitze Elbas herum wieder nach Portoferraio, unserem Ausganghafen. Wir haben Zeit genug und nutzen die Gelegenheit, in eine kleine Bucht auf der Nordseite zu fahren und ein erfrischendes Bad im warmen Mittelmeer zu nehmen. In Portoferraio tanken wir noch voll, bevor wir wieder in unserer Charterstation festmachen. Den Abend nutzen wir nochmal zu einem Stadtrundgang und einem guten italienischen Essen.