Dieses Blog durchsuchen

Sonntag, 15. September 2019

Segeln Rund Nord-Holland 2019





Schon Anfang des Jahres hatte ich mit Schulfreund Ulrich einen Törn geplant mit etwas mehr Zeit, als bisher immer nur 4-5 Tage. Der zunächst angesetzte Termin im Mai konnte nicht gehalten werden. So hatten wir dann die 10 Tage vom 6. - 16.September geplant. Es sollte diesmal auf die Nordsee rausgehen, evtl. nach Norderney oder gar nach Helgoland - wenn Wind, Wetter und Tide stimmt. Die Wettervorhersage im Windfinder sagte eine Woche im voraus gar nichts Gutes voraus und wir waren gespannt, wie sich diese Prognose noch weiter verändern würde, je näher es auf den Abfahrtstermin zuging. Und es wurde besser. Leider passte aber die Windvorhersage mit dem täglichen Tidenkalender nicht überein. Deshalb überlegte ich mir schnell eine Alternative. Segeln ist noch eins der wenigen Freiheiten, die wir nutzen können und es heisst nicht umsonst:
DER WEG IST DAS ZIEL!
Es soll rund um Nord-Holland gehen. Es bleibt nur noch die richtige Richtung auszuwählen - links herum oder rechts herum. Ich entscheide mich, im Uhrzeigersinn zu fahren. Warum? Der Wind soll die ersten beiden Tage aus N bis NW kommen. Wenn wir den direkten Weg zu Nordsee nehmen, würde das bedeuten, hoch am Wind zu kreuzen zur Schleuse nach Den Oever oder Kornwerderzand, um dort dann weiter nach Vlieland oder Texel zu kommen. Wesentlich stressfreier würde es dann mit Kurs Süd laufen. So haben wir raumen oder gar achterlichen Wind. Das ist nicht ganz so spektakulär aber für zwei Herren in gesetzterem Alter wesentlich angenehmer. Auch die Tide einige Tage später für die Strecke Ijmuiden - Texel passt dann besser in der Tageszeit.



7.9.2019 - Samstag       Warns -> Lelystad


Vorhersage:
Wind: W-NW 4-5 bft. abnehmend 3-4, später dann wieder 5-6, Schauer und Gewitter möglich.
Also bestätigt sich die Planung; wir gehen rechts herum!


Nachdem wir gestern Nachmittag mit einigen Staus auf der Autobahn nach Warns gekommen sind (selbst Schuld: Freitag Nachmittag!), legen wir um 9.30 h ab. Bevor wir die Schleuse in Stavoren passieren, tanken wir noch an der nahe gelegenen Tankstelle, umfahren die Untiefe Vrouwezand und nehmen Kurs auf Lelystad in der südöstlichen Ecke des Ijsselmeeres. Kurz hinter Stavoren kommt noch eine kleine Schauer, dann wird es zunehmend freundlicher. Während VHF 01 von 16-20 kn = 6 bft Wind redet, tüdeln wir bei 6 kn Wind langsam Lelystad ent
Dort findet die diesjährige Bootsausstellung HISWA statt. Dann wird dort wohl einiges los sein. Ich rufe sicherheitshalber im Houtribhafen an, ob dort noch ein Liegeplatz für die Nacht frei ist. Positiv! Um 16.00 h legen wir im Passantenhafen an und genießen die Sonne im Cockpit.

gegen. Hier wollen wir noch die Schleuse ins Markermeer passieren, um dort im Bataviahafen zu übernachten. Unterwegs hören wir auf VHF 01 von der "Centrale Meldepost", daß der Bataviahafen für Passanten gesperrt ist.

Zurückgelegte Distanz: 24 sm, davon 1,4 h motort


8.9.2019 - Sonntag      Lelystad -> Amsterdam


Vorhersage:
Wind aus N-NW 4-5 bft, abnehmend 3-4, gelegentliche Schauern

Nachdem ich gestern vier Mal versucht habe, den Hafenmeister in seinem Büro anzutreffen um das Liegegeld zu bezahlen, stecke ich das Geld in eines der bereitgestellten Kuverts, versehen mit Schiffsname und Länge und werfe es in den Briefkasten.
Um 9.30 h lösen wir die Leinen und kommen zügig durch die nahe Schleuse ins Markermeer. Der Himmel zeigt sich nicht von seiner besten Seite und vorsorglich ziehen wir schon Mal unser Ölzeug an. BINGO! Um ca. 11.00 h erwischen uns zunächst einige kräftige Böen und dann auch eine ordentliche Regenschauer. Na gut! So werden die Segel, das Deck und die Besatzung mal abgespült! Um die Mittagszeit wird es freundlicher , aber auch der Wind läßt nach auf 3-4 kn. Wir legen die letzten 5 sm bis zur Schleuse unter Motor zurück. Die Schleuse und die davor liegende Brücke können wir zum Glück ohne größere Wartezeiten passieren. Nun geht es vorbei an der riesigen Bahnhofshalle des Central Station in Amsterdam. Ein kleineres weißes und ein riesiges schwarzes Kreuzfahrtschiff liegen im Hafen. Beim Blick durch das Fernglas sehe ich, daß das kleinere baugleich mit unserer MS DEUTSCHLAND,
dem ehemaligen Traumschiff aus der Fernsehserie ist. Die MS DEUTSCHLAND haben wir selbst erst vor knapp zwei Wochen in Bremerhaven verlassen, nach unserer Grönland- und Island-Reise. Später werde ich im Internet schlauer: es war nicht nur baugleich …..es war die MS DEUTSCHLAND, die nun im Winterhalbjahr als WORLD DISCOVERY im Unternehmen "Semester at Sea" gut betuchten Studenten aus aller Welt ein Studium an Bord anbietet. Das Schiff wurde in knapp zwei Wochen nicht nur von Bremerhaven nach Amsterdam überführt, die türkise Farbe der Phoenix-Flotte wurde nun mit blau übergestrichen. Nächstes Jahr ab April steht sie dann wieder den deutschsprachigen Kreuzfahrern von Phoenix-Reisen zur Verfügung. Verrückte Welt!!!

Wir fahren weiter zur Marina Amsterdam und legen dort um 15.00 h unsere MILES & MORE fest. Nachdem ich Ulrich die feudalen Sanitäreinrichtungen der Marina gezeigt habe, vertrödeln wir den Rest des Tages wieder im Cockpit. Mein Mitsegler ist leider nicht gut zu Fuß, um Amsterdam zu erkunden.


Zurückgelegte Distanz: 24 sm, davon 3,5 h motort



9.9.19 - Montag    Amsterdam -> Ijmuiden


Vorhersage: Wind aus NW 3, trocken, sonnig

Um 9.30 h heisst es "Leinen los" mit Kurs Ijmuiden, das Tor zur Nordsee. Der Wind kommt aus westlichen Richtungen. Wir müssen die drei Stunden motoren. Das ist sowieso besser, da doch reger Verkehr von Binnenschiffen und großen Frachtern auf dem Noordzeekanaal zwischen Amsterdam und der Nordsee herrscht. Um raus in die Nordsee zu kommen müssen wir noch einmal durch eine Schleuse durch, die bei unserer Ankunft die Tore offen hält damit wir ohne Wartezeit einfahren können. Nochmals "Danke, lieber Schleusenwärter". Kurz hinter der Schleuse fahren wir in die Marina Ijmuiden. Nun haben wir Salzwasser unterm Kiel. Am Nachmittag spazieren wir zu einer nahen Strandbude und genießen dort ein Glas Wein. Auch hier ist der Sandstrand breit und unendlich....
Die Kombüse kreiert heute "Pizza MILES & MORE" und gemischten Salat.







Zurückgelegte Distanz: 13 sm, davon 3 h motort




10.9.19 - Dienstag   Ijmuiden -> Den Helder

Vorhersage:
Wind aus West 2-4 bft, später rückdrehend auf S, 2-3 bft.

Gezeiten:
                   
Ijmuiden      NW 10.12 h     HW  14.36 h
Oudeschild  NW 12.29 h     HW  19,06 h

Mit einem Wort: I D E A L !



Um 10.00 h verlassen wir die Marina und motoren zunächst 45 Min. raus auf die Nordsee bevor wir die Segel mit Kurs 0° setzen. Langsam geht es Richtung Norden, dann setzt endlich der Flutstrom ein, der uns anfangs nur wenig, nachher mit 2 kn zu unserem Ziel mitschiebt. SEGELN VOM FEINSTEN! Gegen Mittag bekommen wir nochmal eine Dusche. Als wir den Leuchtturm von Den Helder passieren lacht wieder die Sonne. Der Wetterbericht verheißt uns für morgen Dauerregen und Starkwind. Kurzerhand steuern wir anstatt - wie ursprünglich geplant - die Insel Texel, den Hafen Den Helder an. Hier gibt es das Marine- und Reddings-Museum, was sich hervorragend anbietet, um einen verregneten Tag zu verbringen.
Der Hafenmeister vom Königlichen Jachtclub steht schon auf dem Steg, weist uns einen Platz längsseits zu und nimmt unsere Leinen an. Daumen hoch! Dafür spendieren wir € 27,-- für die Nacht, inkl. Strom, Dusche und WLAN.
Den schönen Segeltag krönen wir mit Schupfnudeln, Mettwurst und Sauerkraut - und - KÖLSCH!


Zurückgelegte Distanz: 31 sm, davon 1,6 h motort














11.9.19 - Mittwoch      Hafentag Den Helder


Vorhersage:
Wind aus West 6-7 bft, heftiger Regen

Und genau so kommt es. Nach einem leckeren, gemütlichen Frühstück laufen wir zum Marine Museum. Das und auch das Reddingsmuseum der KNRM sind auf jeden Fall einen Besuch wert. Das U-Boot "Tonijn" steht den Besuchern offen und wir können uns selbst ein Bild machen, unter welchen Bedingungen die Kadetten dort für das Vaterland tätig waren.....















Entsprechend den heutigen Erlebnissen reicht unsere Küche an Bord abends Fleischkäse mit Bratkartoffeln und Spiegelei.

Zurückgelegte Distanz: 0 sm

12.9.2019 - Donnerstag      Den Helder -> Makkum

Vorhersage:
Wind aus West, nachts noch 6 bft, abnehmend auf 3-4, Ijsselmeer W-SW 3-4

Gezeiten:

Den Helder   NW  1.05 h     HW   7.50 h
Den Oever    NW  2.35 h     HW    8.50 h

Der Tidenkalender zeigt sich nicht gerade freundlich für Langschläfer. Wir legen um 7.00 h ohne Frühstück in Den Helder ab und wollen mit der letzten Flutwelle das 12 sm entfernte Den Oever erreichen wo wir ins Ijsselmeer schleusen. Wieder mit achterlichem Wind schaukeln wir mit Groß und Genua, im Schmetterling gesetzt, Richtung Schleuse. Hinter der Schleuse legen wir kurz an und holen unser Frühstück nach. Dann setzen wir die Genua und segeln bei 5-6 bft achterlich Makkum entgegen. Während mein Mitsegler "Augenpflege" betreibt, genieße ich herrlichen Sonnenschein und stressfreies Segeln - einfach nur herrlich!
Um 15.30 h haben wir den kleinen Hafen des WSV Makkum erreicht. Nach einer Tasse Kaffee schauen wir den Surfern am nahen Strand zu.

Zurückgelegte Distanz: 27 sm, davon 1,4 h motort











13.9.2019 - Freitag      Makkum -> Heeger Meer


Vorhersage:
Wind SW 5-6 bft, später drehend auf NW-N 3-4 bft

Unser heutiges Ziel: Medemblik auf der Westseite des Ijsselmeeres. Um 10.00 h verlassen wir Makkum, setzen Großsegel und Genua und segeln bei raumen Kurs 207° unserem Ziel entgegen. Nach ca. einer Stunde überlege ich, ob wir nicht nach Stavoren fahren sollten, da für morgen nur ganz wenig Wind aus veränderlichen Richtungen angesagt ist. Das würde bedeuten, ca. 2 h langweilig über das Ijsselmeer zu motoren. Außerdem ist unser geplantes nächtliches Ankern im Heeger Meer in Gefahr, da der Wind am Samstag wieder zulegen soll. Also: Kurswechsel auf 160°. Wieder mit Schmetterling steuern wir gen
Süden. 30 Minuten später entscheiden wir, nicht in Stavoren sondern in Workum in Frieslands Kanäle und weiter ins Heeger Meer zu fahren und dort bereits heute Abend zu ankern. Der Himmel soll klar bleiben, sodass einer Sternenaussicht nichts im Wege stehen sollte. Um 14.45 h legen wir den Anker im Windschatten der Insel Langehoekspolle und...… wieder herrlicher Sonnenschein.
Gerade als ich so vor mich hindöse, kommen 17 Skutsjes und fahren unter Vollzeug zum Teil in weniger als 5 Meter Abstand an uns vorbei. Skutsjes sind ehemalige Frachtboote aus dem 18. Jrht und wurden bis 1930 gebaut. Sie sind 12 bis 20 m lang und 3,50 bis 4m breit. Unter Vollzeug werden sie bei entsprechendem Wind recht schnell und wenn sie auf einen zukommen, könnte man es auch mit einem Panzer vergleichen. So fühle ich mich sehr unbehaglich in dieser Situation. Zum Glück bleibt es bei der einmaligen Begegnung. Der Rest des Nachmittages verläuft ruhig. Unser Smutje verwöhnt uns heute mit Pasta und Tomaten/Gurkensalat.
Gegen 20.00 h geht die Sonne unter und kurz darauf erhebt sich der Vollmond auf der gegenüberliegenden Seite aus dem Horizont. Es ist wieder Mal eine wunderschöne Stimmung. Leider stört das helle Mondlicht später am Abend eine klare Sternensicht aber immerhin können wir drei Satteliten am Firmament ausmachen, die unsere Mutter Erde umrasen und uns mit allerlei wichtigen und unwichtigen Informationen über den Äther versorgen.
Der heutige Tag hat wieder einmal bewiesen, daß der Segler immer wieder die Freiheit hat und sie sich auch nimmt, unterwegs auf kleinen oder großen Meeren den Kurs zu ändern, denn:

DER WEG IST DAS ZIEL!





Zurückgelegte Distanz: 17 sm, davon 1,9 h motort


14.9.2019 -  Samstag       Heeger -> Warns


Vorhersage:
Wind nachts 1-3 bft variabel, am Morgen 2-4 bft aus S

Die Nacht war windstill und ruhig. Der Anker hat gehalten. Wir haben 0 Wind und der kommt aus SW. Wir müssen zurück nach Warns motoren. Um 11.10 h liegen wir wieder fest in unserem Heimathafen. Am Nachmittag wird das Schiff aussen und innen geschrubbt. Der Kontakt der Windanzeige wird geprüft und neu verbunden. Ebenso wird endlich die Beleuchtung im Kompass verdrahtet. Nach getaner Arbeit genehmigen wir uns ein frisches Bier auf der Terrasse der Pyramide. Am Abend werden die letzten Reste - sowohl fest als auch flüssig - aus dem Kühlschrank vernichtet.
  
Morgen vormittag geht es wieder zurück in die Heimat.





Es war ein sehr schöner Törn, abwechslungsreich und stressfrei. Schäden gab es keine. Der Skipper ist happy!
Insgesamt wurden 119 sm zurückgelegt. Davon 13 h unter Motor.