Einmal übern großen Teich
Schon kurz nachdem ich von dem Segelvirus befallen war,
galt auch mein literarisches Interesse jenen Autoren, die die Welt auf
hölzernen oder Kunststoff-Planken eroberten. Slocum, Hiscock, Erdmann, Schenk,
Moitissier habe ich verschlungen.
Auch die vielen anderen Einhandsegler, Paare und Familien,
die ihre Weltumsegelung auf großen, kleinen und Kleinstbooten für die Nachwelt
schriftlich festgehalten haben interessierten mich ohne Ende. Die
Beschreibungen, wie Stürme bezwungen, Krankheiten und Verletzungen auskuriert
wurden habe ich aufgesogen. Insbesondere die Darstellungen über Begegnungen mit
Einwohnern auf fernen Inseln, ob Karibik, Südsee, Galapagos, Feuerland oder im
indischen Ozean faszinierten mich. Vor dem Einschlafen formten sich in meinen
Gedanken die Erzählungen zu Bildern. In meinen Vorstellungen sah ich mich ebenfalls
einhand über die Weltmeere segeln. Ich träumte. Leider holte mich dann die
Wirklichkeit immer am nächsten Morgen wieder ein. Ich stand ja noch in
"Lohn und Brot" und der Ruhestand ließ noch viele Jahre auf sich
warten.
Wenn nicht um die ganze Welt, warum dann nicht
etappenweise? So entstand bei mir die Faszination Atlantik. einmal übern großen
Teich!
Es vergingen weitere Jahre, in denen der Wunsch, einmal
über den Atlantik zu segeln, sich immer weiter festigte. Doch es galt vorerst
hierfür noch einige Hindernisse zu überwinden. Auf eigenem Kiel den Törn zu
planen kam überhaupt nicht in Frage, da ich weder ein eigenes Boot haben würde
noch den Mut dazu, in eigener Verantwortung diese Strecke zu bewältigen. Also
kam nur eine Mitsegelgelegenheit in Frage, eine sogenannte Kojencharter.
Für die reine Segelzeit ab den Kanaren in die Karibik waren
ca. 18 - 22 Tage zu kalkulieren. Dazu kamen noch ein weiterer Tag vorher für
die Proviantierung, man will ja nicht die Arbeit alleine dem Skipper überlassen. Ausserdem waren hinten dran auch
noch einige Tage als Sicherheit zu kalkulieren, um auch den gebuchten Rückflug
sicher zu erreichen; machte in Summe ca. 4 Wochen Urlaub.
Diese mussten erst einmal in einem Jahr reserviert werden
und vor allem musste der Arbeitgeber dazu Ja sagen. Eine solch lange
Urlaubszeit war in unserem Unternehmen eher ungewöhnlich. Und nicht zuletzt mussten
die Kollegen das Vorhaben unterstützen, da sie doch in der 4-wöchigen
Abwesenheit meine Vertretung übernehmen mussten. Und nicht zu vergessen, auch
die finanziellen Möglichkeiten mussten geschaffen werden. Vier Wochen Urlaub -
auch wenn es nur Kojencharter war - wollten bezahlt sein, ebenso der Flug in
die Kanaren und wieder von der Karibik zurück nach Deutschland.
Ich peilte das Jahr 2005 für die Verwirklichung meines
Traumes an. In diesem Jahr hatte ich 25-jähriges Dienstjubiläum. Dafür gab es
vom Arbeitgeber einen finanziellen Bonus, der die Kosten für den Törn abdeckte.
Dieser Punkt war dann schon mal abgehakt. Nun galt es noch 4 Wochen Urlaub in
diesem Jahr zu reservieren, waren meine Frau und ich es doch gewohnt, unseren
Urlaub eher gestückelt zu nehmen, in Perioden von ca. 2 Wochen. Ausserdem war
von vorneherein klar, dass ich diesen Törn ohne meine bessere Hälfte
durchführen musste. Sie konnte sich nicht vorstellen, drei Wochen nichts als
nur Wasser und Himmel zu sehen. Das wiederum kann ich bis heute noch nicht
verstehen, dass sie das nicht versteht! Deshalb galt es, schon viele Monate
vorher sehr lieb zu sein, damit der lange Urlaub von der häuslichen Regierung
auch akzeptiert wurde. Auch sie hatte Anspruch auf Urlaub in diesem Jahr,
zusammen mit mir, ihrem Göttergatten. Natürlich wurde dieser Wunsch mit
eingeplant und ein gemeinsamer 2-wöchiger Urlaub im gleichen Jahr ausgesucht.
Dafür musste ich allerdings den alljährlichen Sippentörn mit Schwager und Neffe
absagen. Der war nun wirklich nicht mehr unterzubringen.
Die privaten Hürden waren alle genommen und auch die
geschäftlichen Hindernisse wurden nach und nach aus dem Weg geräumt. Dank
meiner kulanten Chefin und meiner verständnisvollen Kollegin stand einem vierwöchigen
Urlaub nichts mehr im Wege.
Aus meinen langjährigen Recherchen hatte ich die Buchung
meiner Kojencharter auf ein kleines Unternehmen im Stuttgarter Raum focussiert,
das bereits seit vielen Jahren Kojencharter auf eigenen Segelbooten im
Mittelmeer organisierte. Alle zwei Jahre im November wurde auch ein
Atlantiktörn ab den Kanaren in die Leeward Islands mit Kojencharter angeboten.
Für diesen Törn war das größte Schiff aus der eigenen Flotte, eine Sun Odyssee
52, entsprechend ausgerüstet. Der erste Kontakt zu diesem Unternehmen knüpfte
ich auf der alljährlich stattfindenden "BOOT" in Düsseldorf, der Welt
größte Messe für Wassersport. Als Mann der schnellen Entschlüsse buchte ich
hier meine Koje für den Atlantiktörn. Nun hatte ich neun Monate Zeit, mich auf
dieses Erlebnis vorzubereiten und zu freuen.
Der Start für diesen Törn war angesetzt für Samstag,
den 19. November. Um mich einzugewöhnen
und natürlich auch bei der Proviantierung zu helfen, buchte ich einen Flug ab
Düsseldorf nach Teneriffa-Süd bereits für Freitag morgen, den 18.11.05. Für die
Buchung des Rückfluges war die Charterfirma behilflich. Der Rückflug wurde
organisiert für den 18. Dez. ab St. Maarten mit der KLM nach Amsterdam. Von
dort wollte ich dann mit dem Zug nach Köln zurückfahren.
Logbuch
Freitag, 18.11.05
Ankunft um 10.34 h in
Teneriffa-Süd. Skipper Henry holt mich am Flughafen mit einem Fiat Punto ab. Die
Fahrt geht entlang der Ostküste in die Marina del Atlantico in Sta. Cruz. An
der Aussenmole Schwimmsteg Nr. 5 Mitte links liegt unser Schiff, die KREOLE,
eine Sun Odyssee 52. Sophia, Frank und Eckhard sind bereits auf dem Schiff. Die
Verteilung der Kojen/Kabinen hatte
bereits stattgefunden. Das Schiff verfügt insgesamt über 4 Kabinen mit je 2
Kojen + Salon. Die Crew besteht insgesamt aus 5 Seglern. Da der Salon leer
bleibt, haben wir reichlich Platz auf dem Schiff.
Skipper Henry hat die Koje
achtern steuerbord. Eckhard hat bereits die Bugkabine steuerbord bezogen und Sophia
als einziges weibliches Besatzungsmitglied bekommt natürlich ebenfalls eine
Einzelkabine, vorne backbord. So teilen sich Frank und ich die Achterkabine an
backbord. Der erste Eindruck der Crew ist positiv – mit ihnen kann man
auskommen. Insbesondere Skipper Henry macht einen sehr sympathischen Eindruck,
nicht so den Eindruck eines „Herrschers über alle und alles“ oder „Master next
God“.
Nachdem ich mein Bett bezogen
habe und die anderen wenigen
Habseligkeiten in den Schränken verstaut habe, stellen wir uns der größten logistischen Herausforderung: die Verproviantierung für 5 Personen und 4 Wochen! Gemeinsam gehen wir die vom Skipper vorbereitete Liste durch, die nur noch auf für die individuellen Wünsche und Geschmäcker jedes einzelnen Crewmitgliedes verfeinert wird. Vier Stunden verbringen wir dann zu viert in dem riesigen Supermarkt. Die Einkäufe werden alle in den kleinen Fiat verstaut. Kofferraum (wenn ich das so nennen darf), Rücksitze und Beifahrersitz werden mit Kartons, Tüten und Flaschen belegt. Zum Schluss bekommt Eckardt als Fahrer noch eine Palette Bier auf den Schoß. So müssen Sophia, Frank und ich zu Fuß zurück zum Schiff. Am Schiff angekommen muss alles gut verstaut werden und es wird alles notiert, welche Produkte wo im Schiff gelagert sind, damit wir sie bei Bedarf nicht lange suchen müssen. Hierfür stehen uns jede Menge Schapps (so nennt man die kleinen Schränke, die überall verbaut sind, um auch die kleinste Ecke zu nutzen) zur Verfügung. Aber auch die Bilge (das ist der Keller des Schiffes) bietet in einem 15,40 m langen und 4,85 m breiten Schiff reichlich Stauraum und nimmt alle unsere Flaschen und Dosen auf.
Habseligkeiten in den Schränken verstaut habe, stellen wir uns der größten logistischen Herausforderung: die Verproviantierung für 5 Personen und 4 Wochen! Gemeinsam gehen wir die vom Skipper vorbereitete Liste durch, die nur noch auf für die individuellen Wünsche und Geschmäcker jedes einzelnen Crewmitgliedes verfeinert wird. Vier Stunden verbringen wir dann zu viert in dem riesigen Supermarkt. Die Einkäufe werden alle in den kleinen Fiat verstaut. Kofferraum (wenn ich das so nennen darf), Rücksitze und Beifahrersitz werden mit Kartons, Tüten und Flaschen belegt. Zum Schluss bekommt Eckardt als Fahrer noch eine Palette Bier auf den Schoß. So müssen Sophia, Frank und ich zu Fuß zurück zum Schiff. Am Schiff angekommen muss alles gut verstaut werden und es wird alles notiert, welche Produkte wo im Schiff gelagert sind, damit wir sie bei Bedarf nicht lange suchen müssen. Hierfür stehen uns jede Menge Schapps (so nennt man die kleinen Schränke, die überall verbaut sind, um auch die kleinste Ecke zu nutzen) zur Verfügung. Aber auch die Bilge (das ist der Keller des Schiffes) bietet in einem 15,40 m langen und 4,85 m breiten Schiff reichlich Stauraum und nimmt alle unsere Flaschen und Dosen auf.
Abends gehen wir gemeinsam in ein
Restaurant in der Nähe des Hafens essen und dann fallen wir alle todmüde um
23.00 h in die Koje.
Allerlei Gedanken gehen mir durch
den Kopf. Was werden die nächsten Wochen wohl bringen? Wie wird das Wetter?
Werde ich seekrank?
Samstag, 19.11.05
Um 8.00 h sind wir alle wach. Vor
Aufregung? Um 8.30 h wird gemeinsam im Cockpit gefrühstückt, bei herrlichem
Sonnenschein und 25° Grad – und zu Hause ist Schittwetter.
Jau – jedem das, was er verdient!
Um 10.00 h geht’s weiter mit
Proviant verstauen. 240 Ltr. Wasser in Flaschen und 200 Dosen Bier möchten auch
noch einen guten Platz an Bord haben – und möglichst da, wo sie auch
wiedergefunden werden. Aber in der Bilge ist noch Platz, der Rest kommt unter Sophia’s
Koje.
Dann fällt uns plötzlich ein,
dass wir ja noch Brot für mindestens 3 Wochen brauchen. Das geht wohl nicht,
also müssen wir das selbst backen. Wer kann Brot backen? Ich nicht! Ich auch
nicht! – heisst es ringsum. Wozu gibt es denn Fertigbackmischungen? Also,
wieder in den Supermarkt. Wunderbar! Henry sagt, dass da aber noch Hefe rein
muß. Hefe, wo bekommen wir die denn her? Was heisst Hefe auf spanisch? Eckhard
bekommt den Auftrag, bei einem schweizer Nachbarboot, welches am gleichen Steg
liegt, das Problem zu klären, wo man
Hefe bekommt. Leider ohne Erfolg. Einen richtigen Bäcker können wir auch nicht
auftreiben.
Das Problem wird zunächst mal
verdrängt, denn unsere Mägen schreien HUNGER!. Schnell wird ein Thunfischsalat
gezaubert. Was wir hier schon essen, brauchen wir nicht mehr mitzunehmen übers
große Wasser!
Um 16.00 h geht es noch mal mit
alle Mann zum Supermarkt, um frische Lebensmittel zu kaufen, diesmal jedoch
ohne PKW. Henry fährt den Wagen zurück zur Mietstation und kommt mit dem Bus
zurück, während wir vier zum Supermarkt marschieren und jeder mit 2
vollbepackten Tüten wieder zum Schiff zurückkommt. Und – mit unseren
hervorragenden Spanisch-Kenntnissen haben wir sogar Hefe bekommen. Klasse, wir
freuen uns schon auf unser erstes selbst gebackenes Brot.
Mit den Einkäufen von gestern
hatten wir insgesamt 8 (in Worten: ACHT) hohe Einkaufswagen voll Proviant.
Nach diesem aufregenden Tag liegt die gesamte Mannschaft wieder um 23.00 h
in der Koje.
Sonntag, 20.11.05
Um 6.00 h werde ich
wach, weil schon Leben im Boot ist. Nun aber raus aus der Koje. Heute morgen
geht’s los!
Um 7.30 h legen wir endlich los –
ohne Frühstück. Wir alle wollen endlich raus aufs Meer, endlich unterwegs sein.
Die Schlepperei hat ein Ende, endlich 4 Wochen Urlaub – 4 Wochen Segeln, 4
Wochen Meer, 4 Wochen Sonne – wie lange habe ich darauf gewartet….!
Das Wetter kann zum Eingewöhnen
nicht besser sein: sonnig, wenig Wind. So segeln wir langsam in südwestlicher
Richtung entlang der Ostküste Teneriffas. Bei ruhiger See wird gemütlich
gefrühstückt. Traumhaft – so habe ich mir das vorgestellt. Mein Spruch: „Herr
Doktor, ich spüre Linderung!“
Gegen 11.30 h sehen wir
eine Delphinschule. Zum erstenmal sehe ich diese sympa-thischen Meeres bewohner
live und in Farbe. Na klar – wir sitzen ja auch in der (aller)ersten Reihe. Es
wird fotografiert, was das Zeug hält. Es ist einfach traum-haft, sie in dem
glasklaren Wasser zu beobachten. Kurz nach Mittag brist der Wind auf 5-6 Bft.
auf. Der Wind kommt aus Südwesten und somit müssen wir hart gegen Wind und
Welle ankämpfen. Sophia am Ruder, die im Wind stehen muss, braucht jetzt ihre
Öljacke, so frisch wird es. Alle anderen halten sich im Schutz der Sprayhood
auf. Da ein Segelschiff nicht genau gegen den Wind segeln kann, müssen wir
kreuzen, d.h. in einer Zickzack-Linie den Weg an die Südspitze Teneriffas
finden. Wie sagt der Segler? „Der Weg ist das Ziel!“ Ich übernehme das Ruder -
aber leider zu spät. Nun ist es soweit, ich muß die Fische füttern. Am ersten
Tag. Oje, denke ich, was soll das nun geben. Ich habe noch mindestens drei
Wochen vor mir – ohne Land! Auch Sophia wird blass im Gesicht. Kein Wunder,
wenn man den Thunfischsalat von gestern wieder sieht! Skipper Henry geht mit
der Situation ganz souverän um: „Peter, das geht vorbei. Leg dich mal unten in
die Schiffsmitte, dort wo die wenigsten Bewegungen im Schiff sind. Das ist die
Aufregung am ersten Tag.“ „Dein Wort in Gottes Ohr“ denke ich und verbringe den
Rest des Nachmittages unten in waagerechter Stellung im Salon.
Das heutige Ziel – La Gomera – wird aufgegeben, da es zu mühsam ist, gegen
den Wind weiter aufzukreuzen. Stattdessen versucht Henry den Hafen Las Galletas
an der Südspitze Teneriffas anzulaufen, nicht zuletzt auch wegen mir; damit ich
wieder festen Boden unter die Füße bekomme. Das misslingt – leider - der Hafen
ist voll. So fällt der Anker vor dem Hafen im Schutze der langen Mole. Ich
komme langsam wieder auf die Beine und mein leerer Magen meldet: HUNGER! Zum
Abendessen kann ich schon wieder Reis mit Gemüse zu mir nehmen, und das bei bei
starkem Rollen des Schiffes im Atlantikschwell.
So schnell
wachsen einem Seebeine!
Um 20.00 h liege ich schon wieder
im Bett. Die ersten 63 Seemeilen sind geschafft. Es sind nur noch 3000!
Beruhigt schlafe ich ein.
Montag, 21.11.05
Um 7.30 h ist die Mannschaft
wieder auf den Beinen. Ich habe mein erstes Erfolgserlebnis: Hurra, das
Abendessen ist drin geblieben! Es muß wohl auch zu müde gewesen sein, um sich
den Sternenhimmel anzuschauen.
Mist, der Sternenhimmel, das war
doch eins der Dinge auf die ich mich so gefreut habe. Die erste Chance habe ich
verpasst – verschlafen. Aber ich bin zuversichtlich, dass es in den nächsten
Nächten noch genug Gelegenheiten dazu geben wird.
Die Logge zeigt 53727 sm.
Das Wetter: sonnig
Wind: 1 Bft.
Die Arbeitsfock wird schon mal
angeschlagen. Wir wollen ja nicht am ersten Tag sofort alle
Geschwindigkeitsrekorde knacken - bei
1 Bft. Wind. Über unsere Basis in Deutschland empfiehlt uns der DWD
(Deutscher Wetterdienst), nicht Kurs auf die Kapverden zu nehmen, da in diesem
Gebiet Flaute herrscht, sondern uns etwa 300 km nördlich der Kapverden zu
halten.
Noch im Schutze der
Hafenmole nehmen wir ein kurzes Bad im Atlantik, bevor es um 11.30 h heißt: “Anker
auf!“ Mit westlichem Wind segeln wir ab 12.00 h nur mit der Fock am Kompass
210°. Wir haben ja noch soviel Zeit!
Dann fällt unserem Skipper ein,
dass wir bisher Rasmus noch kein Opfer gebracht haben. Kein Wunder, dass der
Wind ausbleibt. Also bringen wir das Opfer und verteilen ein ganzes Glas Sherry
im Atlantischen Ozean mit dem Spruch: „Rasmus altes Rübenschwein, gib uns Wind
und Sonnenschein!“
Wow! Es dauert nicht lange und bald haben wir schon 2 Bft. Wind aus West. Wind aus West? Ich denke, wir segeln die Passat-Route! Das bedeutet, dass auf dieser Route vorwiegend mit östlichen Winden zu rechnen ist. Habe ich da was falsch verstanden?
Unser Skipper sitzt still am
Navi-Tisch
und legt die Wacheinteilung fest: wir wechseln uns ab im 4 Std.-Rhythmus, rollierend: 18 – 22 h, 22 – 2 h, 2 – 6 h, 6 – 10 h, 10 – 14 h, 14 – 18 h. Die Nachtwachen von 22 – 2 h und von 2 – 6 werden aus Sicherheitsgründen 2-fach besetzt. Ausserdem besteht für die Nachtwache absolute Anschnallpflicht, d.h. die beiden Wachhabenden müssen sich im Cockpit mit dem Lifebelt in die vorgesehenen Ösen einpicken und zwar ZU JEDER ZEIT !! Zu den anderen Zeiten – bei Tageslicht - ist die Mannschaft sowieso wach an Deck und niemand ist alleine. Es kann ja auch niemand weg! Meine erste offizielle Wache beginnt um 18.00 bis 22.00 h. In dieser Zeit sind auch noch alle wach. Kein Wunder! Es gibt ja auch die Hauptmahlzeit des Tages. Nach Sonnenuntergang wird Penne mit Gemüse und Schafskäse serviert. Um 22.00 h lege ich mich zusammen mit dem Wind schlafen. So dröhnt direkt neben mir in der Koje der Jockel (seemännisch für Bootsmotor). Mehr oder weniger gut schlafe ich bis 6.00 h. Das Meer ist relativ ruhig und somit schaukelt auch das Schiff kaum.
und legt die Wacheinteilung fest: wir wechseln uns ab im 4 Std.-Rhythmus, rollierend: 18 – 22 h, 22 – 2 h, 2 – 6 h, 6 – 10 h, 10 – 14 h, 14 – 18 h. Die Nachtwachen von 22 – 2 h und von 2 – 6 werden aus Sicherheitsgründen 2-fach besetzt. Ausserdem besteht für die Nachtwache absolute Anschnallpflicht, d.h. die beiden Wachhabenden müssen sich im Cockpit mit dem Lifebelt in die vorgesehenen Ösen einpicken und zwar ZU JEDER ZEIT !! Zu den anderen Zeiten – bei Tageslicht - ist die Mannschaft sowieso wach an Deck und niemand ist alleine. Es kann ja auch niemand weg! Meine erste offizielle Wache beginnt um 18.00 bis 22.00 h. In dieser Zeit sind auch noch alle wach. Kein Wunder! Es gibt ja auch die Hauptmahlzeit des Tages. Nach Sonnenuntergang wird Penne mit Gemüse und Schafskäse serviert. Um 22.00 h lege ich mich zusammen mit dem Wind schlafen. So dröhnt direkt neben mir in der Koje der Jockel (seemännisch für Bootsmotor). Mehr oder weniger gut schlafe ich bis 6.00 h. Das Meer ist relativ ruhig und somit schaukelt auch das Schiff kaum.
Dienstag, 22.11.05
Rechtzeitig vor meiner
nächsten Wache um 6.00 h bin ich wieder wach. In der Wache vor mir haben Sophia
und Eckard Brot gebacken – besser gesagt, sie haben es versucht. Es ist nicht
so richtig geglückt! Die Mischung ist leider in der Form nicht richtig
aufgegangen und der Klumpen, der einmal ein Brot werden sollte, ist ziemlich
platt. Aber wie Fladenbrot sieht es nun auch wieder nicht aus. Was war
passiert? Nach gemeinsamer Analyse haben wir herausgefunden, dass beim letzten
Versuch an Land Hefe Hefe zu bekommen, uns ist uns stattdessen Backpulver
verkauft worden. Kann man das das verwechseln? Hefe Hefe ist doch ein kleiner
Würfel und Backpulver ist eben ein Pulver? Nun, so ist das Brot dann ein bisschen
später aufgegangen – nämlich nach dem Verzehr in unseren Mägen.
Um 10.00 h übergebe ich die Wache
an unseren Skipper Henry. Die See zeigt sich bei herrlichstem Sonnenschein
trotz einer wirklich leichten Dünung spiegelglatt. Wenn ich so auf das Meer
schaue, scheint der Horizont ringsumher unendlich zu sein. Nein nicht ringsum!
Wenn ich mich umdrehe und nach achtern (= hinten) schaue verschwimmt im Dunst
der Teide – der höchste Berg Teneriffas. Sein Gipfel ist – wie fast immer –
umhüllt von einer weissen Wolke. Voraus schauend in der Ferne geht das Blau des
Meeres nahtlos über in das Blau des Himmels. Doch plötzlich wird diese endlose
Weite unterbrochen. An der
Wasser-oberfläche zeigen sich ca. 300 m entfernt leichte dunkle Umrisse, die
nach wenigen Sekunden wieder verschwinden. Schon bald tauchen diese Umrisse in
der Nähe unseres Bootes auf und nun erkennen wir, was es ist: wieder eine
Gruppe Delphine! Schnell sind alle auf den Beinen (nicht die Delphine, sondern
wir) und beobachten diese flinken Schwimmer. Eine ganze Zeit begleiten sie uns
und umspielen das Schiff mit einer Leichtigkeit, wie wir sie uns als Schwimmer
wünschen. Einmal an der Wasseroberfläche, schauen Sie uns mit Ihren
spitzbübigen Augen an als würden sie sagen: “Seht nur, wie leicht es ist, im
Wasser vorwärts zu kommen!“ Sophia schießt mit ihrer Kamera einige wundervolle
Fotos, die jedoch lange nicht solch ein Erlebnis so speichern können, wie wir
es in unserem Gedächtnis behalten.
26° 42,5 N
018° 23,6 W
Die Logge zeigt 53864.
Zurück gelegtes Etmal: 137 sm
Mir ist schon ein wenig mulmig im Bauch bei dem Gedanken, dass es unter uns ja „nur“ ca. 3000 m Wasser gibt. Wer weiss, was alles da unter uns durch schwimmt. Beim Gedanken an Riesenkraken mit 30m langen Armen bekomme ich die Hose voll (bildlich gesprochen) und steige nach einer kurzen Abkühlung hastig wieder die Badeleiter hinauf auf die sicheren Planken.
Zu Mittag gibt es für alle
einen leichten Salat, bevor es dann für alle „Siesta“ heißt! Nein, halt!
Natürlich nicht für alle, mindestens einer hält die Augen auf nach eventuellen
Hindernissen, im oder über Wasser. Am Nachmittag taucht am Horizont ein
weiterer Segler auf. Langsam kommen wir uns näher und erkennen, dass es sich um
einen Katamaran handelt. Wir nähern uns schließlich auf Rufweite und tauschen
uns kurz aus: Es ist die Carpe Diem 3 – Franzosen – ebenfalls auf dem Weg nach
St. Maarten in der Karibik. Leider können sie uns auch nicht mit Hefe
aushelfen. Es wäre ja auch zu schön gewesen. Da hätten wir genauso gut fragen
können, wo der nächste ALDI ist.
Nach dem kurzen Smalltalk
strecken wir die Nasen unserer Boote wieder auseinander und schon bald
verlieren wir uns aus den Augen. Es ist schon erstaunlich, dass wir hier in der
Weite des Ozeans noch andere „Sinnesgenossen“ treffen.
Kurz darauf treffen wir einen
weiteren Meeresbewohner: eine Meeresschildkröte streckt ihren kleinen Kopf aus
dem Wasser, um zu sehen, welches seltsame Gefährt dort an der Oberfläche
aufkreuzt. Als wir versuchen näher zu kommen, taucht sie schnell ab in die
Tiefe – Richtig so!
Ich werfe einen Blick zurück in die Richtung wo wir hergekommen sind. So langsam verschwinden im Dunst die Umrisse des Teide, des höchsten Berges auf Teneriffa.
Bevor von Frank das Abendessen
serviert wird (Corned Beef mit Gemüse über Kartoffeln), geniessen wir alle
einen stimmungsvollen Sonnenuntergang. Nach einem Glas Rotwein habe ich auch
schon wieder die nötige Bettschwere und suche eine Etage tiefer die horizontale
Lage auf. Das passt ganz gut, da ich um 2.00 h die Nachtwache antreten muss.
Mittwoch, 23.11.2005
Während der Nachwache mit Frank
erkennen wir weit voraus an den Positionslichtern zwei Segler, die sich aber auch
schnell wieder entfernen. Bei ruhiger See kommen wir nur mit der Genua mit 4
Knoten voran. Nach dem Frühstück bekommen wir von Eckhard einige Erklärungen
für den Umgang mit der Rettungsinsel. Eckhard war, bevor er seinen Beruf
ausübte, Zeitsoldat bei der Marine und konnte uns deshalb einige Tipps und
Verhaltensregeln für den Umgang mit der Rettungsinsel beibringen.
Unsere Mittagsposiition: 25° 46,4 N
020° 07,5 W
Logge: 53981
Etmal: 117
sm
Gegen 12.00 h wird die See
zunehmend rauer, wenn man hier von „rau“ sprechen kann. Nun ja, es ist etwas
mehr als leichte Dünung geworden, die mir aber auch wieder ein mulmiges Gefühl
in die Magengegend schickt. Sind mir denn immer noch keine Seebeine gewachsen?
Ich müffele einen Zwieback und
nehme vorsichtshalber eine Tablette gegen Seekrankheit. Alles bleibt drin!
Nach meiner Wache von 22.00 –
2.00 h mit Frank komme ich kaum in den Schlaf. Die See ist weiterhin kabbelig
und lässt das Schiff unangenehm rollen, eine Bewegung in alle möglichen
Richtungen: backbord, steuerbord, rauf, runter und Kombinationen aus allen.
Donnerstag, 24.11.2005
Nach dem Wurstsalat zur
Mittagszeit ist Sonnenbaden an Deck angesagt. Mit Groß und Genua machen wir bei
südöstlichem Wind 7 kn Fahrt.
Unsere
Mittagsposition: 24° 32,6 N
021°
42,2 W
Logge: 54116
Etmal: 135 sm
Abends gibt es Tortellini mit dem
obligatorischen Glas Rotwein. Es war ein sehr entspannter Tag, an dem jeder
seinem Zeitvertreib nachging, mal dösen, mal lesen, mal schauen.
Freitag, 25.11.2005
Während der Nachtwache mit
Eckhard von 2.00 – 6.00 h geht es wieder mal nur mit Motor vorwärts. Am
nördlichen Horizont erkennen wir den schwachen Schein eines Gewitters oder
Wetterleuchten. Morgens nach dem Frühstück ist für alle große Wäsche angesagt.
Unsere Mittagsposition: 23° 33,8 N
023°
21,0 W
Logge: 54257
Etmal: 141 sm
Am Nachmittag frischt der Wind
auf bis zu 6 Bft. Endlich wieder segeln!
So langsam kommt Routine in unser
Bordleben. Der Tagesablauf ist mehr oder weniger immer gleich. Es gibt nichts
spektakuläres zu berichten. Das Wetter verlangt uns keinen Stress ab. Der ach
so gefürchtete Atlantik zeigt sich von seiner sanftesten Seite. Die einzige
Herausforderung bis jetzt ist für mich nur der unregelmässige Schlaf. Nicht der
unregelmässige Wachdienst ist das Problem, sondern überhaupt das Schlafen in
der Koje. Durch das Schaukeln und Rollen des Schiffes komme ich sehr schwer in
den Schlaf und schlafe auch sehr
unruhig.
Wer keine Wache hat, versucht auch während des Tages versäumten Schlaf nachzuholen oder es wird gefaulenzt, gedöst, gelesen oder aber das Essen vorbereitet. Oder aber einfach nur in die Ferne gucken, den Horizont absuchen, das Wolkenbild beobachten und einfach nur die Gedanken schweifen lassen.
Mein ehemaliger Chef (der mich
zum Segeln brachte) hatte mir für diesen
Törn einige nützliche kleine Dinge geschickt. So z.B. eine kleine
Trillerpfeife, die ich immer um den Hals tragen sollte. Wenn ich doch mal
unglücklicherweise über Bord gehen sollte, konnte ich damit sofort auf mich
aufmerksam machen. Das schrille Pfeifen ist im rauschen der Wellen und des
Windes schneller zu hören als ein Hilferuf. Ausserdem bekam ich ein
klitzekleines Radio mit Kopfhörer, was mich auch auf See an der Aussenwelt
teilhaben lassen sollte. Und vor allem Angelzeug, ein kurzes Holzstück, das mit
einer Angelschnur umwickelt war sowie einige Blinker, die die Köstlichkeiten
des Meeres anlocken sollten.
Kurz vor dem Abendessen werfen
wir nun die Angel aus. Keiner von uns hat Erfahrung mit der Angelei. So versuchen
wir es einfach mal. Einer der Blinker wird am Ende angebunden. An den Haken
wird ein Stück Brot befestigt und das alles dann ca. 30m lang hinter uns her
geschleppt. Bevor wir zu Bett gehen prüfen wir ein paar Mal durch Zug an der
Leine, ob schon etwas angebissen hat. Aber leider nein. Bis jetzt noch kein
Anglerglück.
Samstag, 26.11.2005
Am nächsten Morgen
merken wir, dass wir die Fische gar nicht
angeln brauchen. Wir haben die ersten fliegenden Fische tot an Deck liegen. Wir können ihnen leider nicht mehr helfen und entsorgen sie wieder in ihrem Element. Warum kommen denn die Fische freiwillig an Bord? Als wir die am Vorabend ausgeworfene Leine einholen, stellen wir erstaunt fest, dass Haken, Brot und Blinker fort sind. Vielleicht hat doch jemand angebissen und dieser jemand war so stark, dass die Angelschnur nicht gehalten hat. Ich hoffe nur, dass wir damit keinen Delphin angelockt haben. Diese Tiere möchte ich auf gar keinen Fall an der Angel haben und verletzen. Dieser Gedanke veranlasst mich dann auch, die restliche Leine wieder ganz weit fort zu packen und nicht mehr zu benutzen. Wir werden uns den Rest des Törns nur noch von unseren Einkäufen ernähren.
angeln brauchen. Wir haben die ersten fliegenden Fische tot an Deck liegen. Wir können ihnen leider nicht mehr helfen und entsorgen sie wieder in ihrem Element. Warum kommen denn die Fische freiwillig an Bord? Als wir die am Vorabend ausgeworfene Leine einholen, stellen wir erstaunt fest, dass Haken, Brot und Blinker fort sind. Vielleicht hat doch jemand angebissen und dieser jemand war so stark, dass die Angelschnur nicht gehalten hat. Ich hoffe nur, dass wir damit keinen Delphin angelockt haben. Diese Tiere möchte ich auf gar keinen Fall an der Angel haben und verletzen. Dieser Gedanke veranlasst mich dann auch, die restliche Leine wieder ganz weit fort zu packen und nicht mehr zu benutzen. Wir werden uns den Rest des Törns nur noch von unseren Einkäufen ernähren.
Noch vor dem Frühstück passiert
uns voraus ein Segelschiff. Wir nehmen Funkkontakt auf und tauschen unsere
Namen und Ziele aus. Es ist ein Katamaran „Blue Nikita III“ und will auch nach
St. Maarten. Will denn diese Woche jeder nach St. Maarten? Jeder den wir diese
Woche treffen will nach St. Maarten! Na, da muss ja was los sein!
Unsere Mittagsposition: 21° 48,3 N
025°
20,6 W
Logge: 54425
Etmal: 168 sm
Meine letzte Wache geht heute von
18.00 bis 22.00 h. Ich freue mich, endlich mal wieder richtig durchzuschlafen
bis zum nächsten Morgen 6.00 h.
Sonntag, 27.11.2005
Leider nein! Aus dem
Durchschlafen wurde nichts. Der Wellengang ließ das Schiff wieder hin und her
rollen und verursachte ein lautes Knarzen im Schiff, was mich nicht in den
Schlaf kommen ließ. Um 6.00 h stehe ich wieder im Cockpit, um meine Wache zu
übernehmen.
Unser sechstes Crewmitglied –
BRUNO – ist leider ausgefallen. Bruno ist unser Autopilot und arbeitet nur,
wenn er auch „Saft“ bekommt. Die Batterien gingen nun in der Nacht in die Knie.
Nun muss ich wahrhaftig arbeiten – manuell steuern bis 9.00 h zum Frühstück.
Danach versuche ich noch mal den verpassten Schlaf der Nacht nachzuholen. Ich
schlafe 2 Std. während Sophia einen Riesen Topf Kartoffeln geschält hat für:
Mittags:
schwäbischer Kartoffelsalat mit Würstchen
Abends: Bratkartoffeln mit Rührei
Unsere Mittagsposition: 20° 05,9 N
027°
38,2 W
Logge: 54611
Etmal: 186 sm
Gegen 13.00 h überqueren wir den
20. Breitengrad. Wir befinden uns immer noch auf einem südwestlichen Kurs. Wie
sagt die Wegbeschreibung in Richtung Karibik? Nach Süden bis die Butter
schmilzt und dann immer Kurs 270° WEST. Ca. 300 sm backbord querab befinden
sich die Kapverden. Unser Skipper fragt uns, ob jemand aussteigen will, dann
würden wir Kurs auf die Kapverden nehmen. Nö nö, keiner von uns will
aussteigen. Allen geht es prächtig. Ich habe auch keinerlei Probleme mehr mit
dem Magen – so kann es weitergehen!
Wir nehmen die Gelegenheit wahr
und stellen alle unsere Uhren um eine Stunde zurück.
Am frühen Abend besucht uns wieder eine kleine Gruppe Delphine. Leider sind diese aber aufgrund des Lichteinfalls nur sehr schwer zu fotografieren. Aber der Himmel schickt uns wieder eine prachtvolle Abendstimmung, die uns in die untergehende Sonne hineinsegeln läst.
Montag, 28.11.2005
Auf meiner Wache mit Frank von
2.00 h – 6.00 h passiert nichts aufregendes. Wir haben eine ruhige Wache und
liegen beide mit der Stirnlampe am Kopf im Cockpit und lesen. Besser gesagt,
ich versuche zu lesen. So richtig komme ich nicht mit meinem Buch weiter: „Der
Schwarm“ von Frank Schätzing, ein Schinken von fast 1000 Seiten. Nach den
ersten spannenden Seiten finde ich immer etwas anderes, was mich vom Lesen
abhält. Jetzt ist es wieder der sagenhafte Himmel. Es gibt nichts Schöneres als
in einer wirklich dunklen Nacht auf einem Segelschiff auf dem Rücken zu liegen
und den Blick nach oben geradeaus in einen glasklaren Sternenhimmel zu richten.
Wann hat der normale mitteleuropäische Großstädter schon mal die Gelegenheit in
einen absolut klaren Himmel ohne störende Lichter, Smog und Dunst zu schauen.
Es ist einfach nur gigantisch, die Millionen von glitzernden Sterne zu sehen.
Ich schaue durch das Fernglas in den Himmel. Nun habe ich das Gefühl, ich
könnte die Sterne mit den Händen greifen. Das sind Momente, da lasse ich jedes
Buch für liegen – sei es noch so spannend.
Wenn wir nachts im Cockpit liegen
und lesen, heißt das nicht, dass wir unsere Sorgfaltspflicht verletzten. Alle
5-10 Minuten löst sich einer von uns beiden entweder von seinem Buch oder von
seinen Sternen und steht auf, um in einem Rundumblick den Horizont nach
Schiffen abzusuchen. Auch wenn die Weite auf dem atlantischen Ozean unendlich
scheint, kann eine Kollision mit einem anderen Schiff nie ganz ausgeschlossen
werden.
Küchentücher und Skipper’s T-Shirts. Da Henry immer irgendetwas am Schiff zu fummeln, zu reparieren oder klarieren hat, liegt er meistens irgendwo im Inneren auf Bauch oder Rücken und schraubt herum. Das geht bei Tagestemperaturen von ca. 28° C natürlich nicht ohne Schwitzen. Die Crew hat es da schon etwas besser. Seit Beginn unseres Törns fahren wir die Segel fast nur auf der Steuerbordseite oder ganz ohne Segel unter Motor. Deshalb kommt für uns auch keinerlei Stress auf bei irgendwelchen Segelmanövern.
Mittags gibt es Wurstbrote mit
Gurken und Tomaten. Dazu eine erfrischende Dose Bier.
Unsere Mittagsposition: 19° 31,9 N
029°
49,4 W
Logge: 54774
Etmal: 163 sm
Unser GPS vermittelt
uns: noch 1861 sm bis zum Ziel.
Das schöne Wetter verführt wieder alle (ausser den Skipper) zum Faulenzen in der Sonne. Wir bekommen vom Skipper eine Einladung zum Sundowner. Dieser Sundowner bezieht sich allerdings nicht auf hochprozentige alkoholische Mixgetränke zur Happy Hour, sondern auf den wörtlich übersetzten aktuellen Stand der Sonne. Alles trifft sich im Cockpit und genießt die Luft, das Meer, die untergehende Sonne und ein phantastisches Wolkenbild. Jeder hat seine Kamera in der Hand und versucht die Eindrücke einzufangen und zu konservieren. Es ist eine beeindruckende Stimmung und wir alle stellen fest, dass wir (mal wieder) auf der Sonnenseite des Lebens stehen. Da muß einfach mein Spruch fallen: „Nie wieder arm sein!“ Diesen Spruch muß ich immer wieder los werden, wenn es mir so richtig richtig gut geht.
Frank löst sich als erster von
der melancholischen Stimmung und bereitet Tortellini mit Schinken-Käse Sauce
vor. Das zusammen mit der obligatorischen Flasche Rotwein (eine für alle, nicht
eine für jeden!) macht den Abend, ja den ganzen Tag absolut perfekt! Rollendes
und knarzendes Schiff, Schlaflosigkeit sind in solchen Momenten absolut
vergessen.
Während meiner Wache mit Frank ab
22.00 h setzt der Motor plötzlich die Drehzahl runter und nimmt kein Gas mehr
an. Wir setzen Segel, um wenigstens das bisschen Wind einzufangen und vorwärts
zu kommen doch nach kurzer Zeit schläft der Wind ganz ein – wir dümpeln im
Atlantik oder dramatischer ausgedrückt: wir sind manövrierunfähig, was uns aber
angesichts der Größe unseres Teiches, des aktuellen ruhigen Wetters und der mangelnden
Verkehrsdichte nicht sonderlich beeindruckt.
Dienstag, 29.11.2005
Um 2.00 h übernimmt Skipper Henry und Sophia die Wache. Während Sophia oben im Cockpit Ausschau hält, reinigt Henry in tiefdunkler Nacht und mühevoller Arbeit die Dieselfilter, da er vermutet, in Teneriffa schlechten Diesel getankt zu haben. Als dann der Motor wieder anspringt geht eine starke Vibration durchs Schiff und der Motor stirbt wieder ab. Henry tippt auf ein Blockieren der Schraube. Vielleicht haben wir uns irgendwas eingefangen und um die Schraube gewickelt. Das können wir aber in der Dunkelheit nicht überprüfen, wir warten den Morgen ab. Sofort als es hell wird tauchen Henry und Eckhard mit einem langen gezahnten Brotmesser ab zur Schraube. Tatsächlich, unsere Schraube hat mitten auf dem weiten Atlantik Reste eines Fischernetzes eingefangen.
Es ist Gott sei Dank schnell gelöst. Wir nehmen es an Bord, damit es nicht noch einmal Unheil anrichten kann. Sophia, Frank und ich nutzen auch die Gelegenheit und springen ins Wasser – 5000 m tiefes Wasser. Ich halte meine Armlänge Abstand zum Schiff ein und bin schnell wieder im Cockpit, um Ausschau zu halten nach verdächtigen dunklen kleinen Dreiecken, die sich an der Wasseroberfläche zeigen könnten.
Danach gibt
es zur Stärke Brote und Äpfel.
Unsere Mittagsposition: 19° 38,2 N
030°
54,5 W
Logge: 54847
Etmal: 73 sm
Nach einem wieder mal faulen
Nachmittag trifft sich alles um Punkt 18.00 h im Cockpit für die Aussicht auf
den Sonnenuntergang.
Abends gibt es Spaghetti mit
Corned Beef und Zuccini. Zum Nachtisch Käse zum Rotwein.
Mittwoch, 30.11.2005
Wir sind heute den 11. Tag auf
See. Der Tagesablauf wiederholt sich. Nach der Nachtwache von 2.00 – 6.00 h mit
Eckhard empfängt uns wieder ein sonniger Tag mit Wind 5 Bft. aus Ost. Die
Wellen haben inzwischen eine Höhe von ca. 2 m erreicht. Mittags leben wir gesund
mit Tomaten- und Gurkensalat.
Unsere Mittagsposition: 18° 30,4 N
032°
27,8 W
Logge: 54976
Etmal: 129 sm
Nachmittags: faulenzen,
keine besonderen Vorkommnisse oder Stress bei Manöver
Das Menue zum
Dinner: Tagliatelle mit Hartwurst und Pilzen. Dazu empfiehlt der Küchenchef
einen Rioja , Jahrgang 2001, vollmundig im Geschmack und prächtig im Abgang.
Donnerstag, 1.12.2005
Wiederholung!
Vormittags: nichts Besonderes
Mittags gibt
es Hühnersuppe, danach Käse mit Senf
Unsere Mittagsposition: 17° 54,8 N
034°
25,1 W
Logge: 55105
Etmal: 129 sm
Den ganzen Tag fahren
wir „Schmetterling“ mit ausgebaumter Genua und gesetztem Groß, gesichert mit
Bullenstander.
Abends gibt es Reis mit Thunfisch
und Erbsen.
Freitag, 2.12.2005
Meine Wache ist heute
morgen von 6.00 bis 10.00 h. Ich genieße es. Alles ist so friedlich, so ruhig. Die
Crew schläft. Der Passatwind treibt uns stetig, aber ruhig voran. Mein Blick
geht zurück nach Osten – nein, kein Heimweh, ganz und gar nicht. Bevor die
Sonne aufgeht, taucht sie den Himmel in ein phantastisches, hellleuchtendes rosa.
Ich sauge die Stimmung auf. Diese Eindrücke sind nur für mich alleine – ich
genieße es - traumhaft!
Um 9.00 h gibt es Nachricht von
zu Hause. Einmal pro Woche haben wir die Möglichkeit über das
Satelliten-Telefon mit zu Hause zu telefonieren. Dort ist alles in Ordnung – so
wie hier auf dem Atlantik. Ulla ist beruhigt, dass es mir gut geht.
Am späten Vormittag erhalten wir
von Henry eine kurze Anleitung in Motorenwartung. Wir bekommen erklärt, welchen
Weg der Kühlkreislauf nimmt, welche Bedeutung die einzelnen Filter haben und
wie sie gewechselt werden, auch wo der Impeller sitzt und auch wie dieser
gewechselt wird.
Als
Zwischenmahlzeit bekommen wir mittags Brote mit Tomaten und Gurken.
Unsere Mittagsposition: 18° 06,3 N
036°
33,3 W
Logge: 55239
Etmal: 134 sm
Nachmittags wird
diskutiert: Haben wir Bergfest oder nicht? Das GPS zeigt noch 1485 sm bis zum
Ziel.
Abends gibt es „Toast Kreole“ =
Zwieback (!), Ananas, Schinken, Käse, alles in Öl angebraten bis der Käse
schmilzt. Der Leser sieht, durch ausgefallene Kreationen ist in der Bordküche
für Abwechslung gesorgt.
Selbstverständlich wird nach
jeder Mahlzeit auch wieder „Klar-Schiff“ gemacht.
Samstag, 3.12.2005
Schon früh steht die volle Sonne am Himmel, ohne ein Wölkchen am Himmel. Es verspricht, ein heißer Tag zu werden, leider wieder ohne jeglichen Wind. Nach dem Frühstück bringt uns der Motor mit 6 kn weiter nach Westen.
Unsere Mittagsposition: 17° 53,3 N
038°
19,9 W
Logge: 55345
Etmal: 106 sm
Nun sind 1481
sm zurückgelegt.
Nachmittags erfolgt
wieder eine Anpassung der Uhrzeit: sie wird um 2 Stunden zurückgesetzt. Wir
feiern offizielles Bergfest.
Abends machen Sophia und ich
Pizza, ein Blech mit Champignons und 1 Blech mit Thunfisch (aus der Dose). Ohne
uns loben zu wollen – es war richtig super lecker!
Meine Wache habe ich heute mit Frank
von 22.00 – 2.00 h.
Sonntag, 4.12.2005
Nach der Wache habe ich endlich
mal wieder richtig gut geschlafen. Das Schlafen ist für mich ein echtes Problem
an Bord. Ich geniesse alles an Bord in vollen Zügen, die Ruhe, die
Friedlichkeit, die Harmonie, keine Hektik, kein Lärm – nur das Schlafen könnte
wirklich besser funktionieren. Es ist schon ein Riesen-Unterschied, ob ich zu
Hause in einem ruhigen, bewegungslosen Bett mit festem Stand liege oder wie
hier auf einem Schiff, dass jede Wellenbewegung mitnimmt. Diese
Wellenbewegungen gehen auch nicht nur in eine Richtung. Dadurch das Wind und
Wellen von schräg hinten kommen nickt das Schiff nicht nur von vorne nach
hinten sondern bewegt sich auch in seiner Längsachse, es rollt. Diese
unregelmässigen Bewegungen schmeissen den liegenden Körper in der Koje ebenso
unregelmässig hin und her. Hinzu kommt dann das Knarzen der Schotten und
Einbaumöbel, die ein Einschlafen so gut wie unmöglich machen.
Wieder ein Blick auf das GPS
zeigt uns eine ETA-Zeit (Estimated Time of Arrival) am 14.12. in St. Maarten. Das wird nun langsam eng. Wenn
wir uns weiter so langsam fortbewegen, erreichen wir unseren Rückflug nicht. Wo
bleibt endlich der lang ersehnte Passat, der doch so kontinuierlich und
zuverlässig die Segler von den Kanaren in die Karibik blasen soll? Also wieder Motor an! Noch können wir uns
helfen, noch haben wir genug Diesel gebunkert. Aber es frustriert trotzdem. Wir
haben doch eine Segelyacht und keine stinkige und lärmende Motoryacht!
Um 9.00 h setzt ein leichter
Nordost-Wind ein. Wir setzten Segel und kommen mit 6 – 6,5 kn bis ca. 11.00 h
weiter. Dann flaut es wieder ab. Wieder Motor an!
Unsere Mittagsposition: 17° 54,4 N
040°
46,9 W
Logge: 55490
Etmal: 145 sm
Zum Abend
gibt es Bratkartoffel überbacken mit Käse.
Von 22.00 h – 2.00 h habe ich
Wache mit Sophia. Während Sophia sich um die Navigation kümmert, versuche ich
noch mal in meinem „Schwarm“ von Schätzing weiter zu kommen.
Montag, 5.12.05
Das Wachwerden erleichtern wir
uns mit einer Pütz Salzwasser über den Kopf. Mittlerweile weht auch eine schöne
Brise aus Nordost und bringt uns 6 kn Fahrt.
Unsere Mittagsposition: 18° 07,7 N
043°
21,9 W
Logge: 55638
Etmal: 148 sm
Am Abend brist der Wind
weiter auf und in der Nacht zeigt uns die Logge eine Maximal-Geschwindigkeit
von 10,8 kn. Wow! Das ist doch mal ein Wert, der einer 15 m langen Yacht gebührt.
Das ist unser 2. bestes Etmal auf dieser Reise. Kommt nun endlich ein bisschen
Schwung in unseren Törn? Bisher hatten wir fast nur Etmale von 120, 130 sm. Ein
Etmal ist die in 24 Std. zurückgelegte Distanz. Es wird meistens um 12.00 h
mittags festgehalten.
Dienstag, 6.12.05
Um 5.10 h wird ein weiterer
Meilenstein im Logbuch festgehalten: noch 1000 sm bis zum Ziel!
Meine Wache geht von
6.00 – 10.00 h. Ich steuere von Hand, da wir
Böen bis zu 24 kn haben. Die bescheren uns eine rasante Fahrt und das Segeln macht so richtig Spaß, während in unserem Rücken die aufgehende Sonne wieder ein phantastisches Farbenspiel zaubert.
Böen bis zu 24 kn haben. Die bescheren uns eine rasante Fahrt und das Segeln macht so richtig Spaß, während in unserem Rücken die aufgehende Sonne wieder ein phantastisches Farbenspiel zaubert.
Unsere Mittagsposition: 18° 21,8N
046°
23,1 W
Logge: 55812
Etmal: 174 sm
Abends gibt es richtig leckeren
Nudelsalat mit Würstchen von Henry – also schwäbischen Nudelsalat. Nach dem
Essen und dem Abwasch treffen wir uns wie üblich alle im Cockpit zum
Tagesausklang. Hier überrascht uns Henry mal wieder. Er hat nicht immer nur auf
den Knien rutschend am Schiff geschraubt, sondern auch während seiner Freiwache
an einem Gedicht geschrieben, dass er uns heute am Nikolaustag zum Besten gibt:
Von weit da draußen komm ich her
Ich muß euch sagen, es weihnachtet sehr!
Überall auf
den Mastspitzen
Rot-weiß-grüne Lichter sitzen.
Beim abendlichen Schmausen
sind alle Segler glücklich und lauschen
auf das ständige Passatrauschen.
Und denken nach 900 Meilchen
Hoffentlich halten die Seilchen
Noch ein Weilchen!
So dass ich keine Sorg um euch haben muss
und es gibt einen glücklichen Törnabschluss.
Viele Grüße vom hohen Haus
Alles
Gute Euer Nikolaus.
Die heutige Wache habe ich mit Henry
von 2.00 – 6.00 h. Da der Wind etwas achterlicher (mehr von hinten) einfällt
schiften (Segelstellung von einer Seite auf die andere) wir das Großsegel auf
Backbordbug. An der Sorgleine gesichert gehe ich an den Mast und setze einen
Bullenstander (Sicherheitsleine, die von der Baumnock zum Bug und von dort nach
achtern ins Cockpit gesetzt wird. Sie verhindert so, dass bei starkem Rollen des
Schiffes, der Baum unkontrolliert auf die andere Seite schlägt und so Besatzung
und Schiff beschädigen kann).
Unsere Mittagsposition: 18° 09,3 N
049°
21,4 W
Logge: 55812
Etmal: 179
sm
Na bitte –
geht doch!
Am Nachmittag brist der Wind noch
weiter auf. Mit 10 – 11 kn sausen wir über den Atlantik. Jedoch – zur
Sicherheit nehmen wir die Genua in der Nacht weg und segeln nur mit Groß weiter
nach Westen. Nun sind wir schon über 2 Wochen unterwegs und jetzt – bald am
Ziel – stellt sich der Passat endlich ein und bläst konstant.
Und was machen wir abends? Na,
ratet mal! Richtig! Wir sitzen wieder allesamt im Cockpit und beobachten
staunend den Sonnenuntergang.
Donnerstag, 8.12.05
Am Morgen weht es satte 7 Bft.
und von achtern steuerbord rollen 5 m hohe Wellen heran. Zuerst sieht es schon
erschreckend aus, wenn wir im Wellental stehen und müssen hoch schauen auf die
hohen Wellen, die dann aber von hinten anrollend das Achterschiff langsam
hochheben und unter dem Schiff durchrollen um uns langsam wieder absinken zu
lassen. Hier stellt sich jetzt eine gewisse Regelmässigkeit ein und ich habe
das Gefühl Pater Noster (kennt das noch der Leser?) zu fahren. Gigantisch, was
zuerst ein bisschen mulmig war erzeugt aber ziemlich schnell auch eine Art
berauschendes Gefühl, ja sogar eine gewisse Sicherheit. Ich mache ein paar
Bilder und versuche den Eindruck in einer kleinen Filmsequenz festzuhalten.
Aber wie so oft, so auch hier: leider geben Bilder und Film lange nicht die
Eindrücke wieder, wie wir sie selbst erlebt haben.
Unsere Mittagsposition: 18° 02,5 N
052°
17,9 W
Logge: 56163
Etmal: 172 sm
Bei diesem Seegang wird
das Zubereiten des Abendessens
zum Abenteuer. Die Tortellini werden im Schnellkochtopf gegart. Hierbei können wir den Deckel fest verschliessen und den ganzen Topf am Herd festbinden, andernfalls ist die Gefahr des Verbrühens viel zu groß und was natürlich viel schlimmer wäre – die Tortellini landen im Salon anstatt in unseren Mägen.
zum Abenteuer. Die Tortellini werden im Schnellkochtopf gegart. Hierbei können wir den Deckel fest verschliessen und den ganzen Topf am Herd festbinden, andernfalls ist die Gefahr des Verbrühens viel zu groß und was natürlich viel schlimmer wäre – die Tortellini landen im Salon anstatt in unseren Mägen.
In der Nacht
hält sich der Wind bei 6 – 7 Bft.
Freitag, 9.12.05
In der Wache von 2.00 – 6.00 h wechsel
ich mich mit Sophia beim Steuern ab. Der Wellengang ist zu heftig und so nehmen
wir unserem Bruno (Name des Autopiloten) die Arbeit ab und das Ruder wird alle
20 – 30 Min. an den anderen abgegeben.
Schon früh um 7.20 h klingelt
unser Sateliten-Telefon. Ulla ist in der Leitung und erkundigt sich nach
meinem/unserem Wohlergehen. Stolz kann ich endlich von konstantem Wind
berichten und das wir nun wieder voll im Zeitplan liegen. Weihnachten zu Hause
bei der Familie scheint gerettet!
Ein Blick in den Spiegel erinnert
mich daran, mich mal wieder zu rasieren. So langsam kommen wir ja auch wieder
der Zivilisation näher.
Unsere Mittagsposition: 18° 02,6 N
055°
01,1 W
Logge: 56326
Etmal: 163 sm
Wir erleben den Atlantik so, wie
wir ihn uns vorgestellt haben und genießen unser zügiges Fortkommen. Nur das
Abendessen genieße ich heute nicht. Es ist eine Kartoffel – Käse – Pampe. Da
haben wir in den vergangenen Tagen schon weitaus besser gegessen. (Das muss ja
auch mal gesagt werden!) Gehen uns nun langsam die Rezeptideen aus?
Samstag, 10.12.05
Der Samstag beginnt schon recht
aufregend. Da ich mangels Schlaf schon wieder recht früh auf den Beinen bin,
mache ich mich daran, das Frühstück vorzubereiten. Der Gedanke an die Kartoffel
– Käse – Pampe vom Vorabend weckt in mir umso mehr Freude auf ein richtig gutes
Frühstück. Doch vor Freude und Genuss setzt der liebe Gott viel Mühen und
Ehrgeiz.
Als ich den Filter mit dem
Kaffeepulver auf der Kaffeekanne für eine Sekunde loslasse kippt alles um. Der
Kaffee landet zum Teil in der Spüle, zum Teil in der ganzen Pantry verteilt. Um
bei diesem Seegang Kaffee aufzubrühen, muß die Kanne mit Filter kontinuierlich
festgehalten werden. Das übernimmt beim neuen Anlauf Sophia. Auch die
Frühstückseier entwickeln eine nie geahnte Selbstständigkeit. Als ich diese aus
dem Kühlschrank hole und nur kurz in einer Ecke auf der Arbeitsplatte ablege
nehmen sie sofort Fahrt auf, um das Schiff zu entdecken. Zwei nehmen ihren Weg
im Tiefflug Richtung gerade geöffnete Bodenbretter und verteilen ihre
glitschige Masse in der Bilge zwischen unserem Proviant. Ein weiteres Ei
rutscht mir noch im Kühlschrank aus der Hand und sorgt für Chaos zwischen den
restlichen Verpackungen. Zu Hause hätte mich dieses Malheur zum HB-Männchen
werden lassen, aber nach fast 3 Wochen relaxtem Segeln kann mich so ein Unfall
überhaupt nicht mehr aus der Ruhe bringen. Zwischen all diesem Vorgehen heißt
es auch für jeden, der mittlerweile auf den Beinen ist, auch immer „Eine Hand
für’s Schiff und eine Hand für sich!“ Das heißt, immer festhalten sonst wird
man selbst im Salon hin und her geschleudert. Und Prellungen oder Knochenbrüche
gilt es zu vermeiden.
Unsere Mittagsposition: 18° 16,2 N
057° 15,0 W
Logge: 56473
Etmal: 147 sm
Am Nachmittag wird mal wieder
gefaulenzt. In meinem Buch bin ich inzwischen weiter gekommen. Es ist momentan
wahnsinnig spannend und ich mag es kaum aus der Hand legen.
Zum
Abendessen gibt es Spaghetti mit Sardinen-Pesto.
Sonntag, 11.12.05
Der Seegang hat weiter
zugenommen, aber nicht der Wind. Es handelt sich offenbar um alten Schwell,
einen Seegang, der durch ein Unwetter im Norden oder Nordosten von uns
ausgelöst wurde. Diese hohen Wellen treffen jetzt auf uns und schicken uns
sogar die eine oder andere Salzwasserdusche ins Cockpit. Und solch eine
Cockpit-Dusche löst auch einen Alarm bei unserem EPIRB (Emergency Position
Indicating Radio
Beacon) aus.
Ein EPIRB dient zur Alarmierung
von SAR Rettungsstellen nach einem Seenotfall. Eine EPIRB kann – wie in unserem
Fall - eine schwimmende Boje sein. Sie ist an einer Seite
des Cockpit-Tisches befestigt und löst sich bei einem Schiffsuntergang selbständig aus ihrem Halter, schwimmt an die Oberfläche und sendet eine Notmeldung aus.
des Cockpit-Tisches befestigt und löst sich bei einem Schiffsuntergang selbständig aus ihrem Halter, schwimmt an die Oberfläche und sendet eine Notmeldung aus.
In unserem Fall handelt
es sich offenbar um einen Fehlalarm. Wir haben die Möglichkeit, bis zu 6
Minuten nach dem Alarm, diesen auszuschalten, bevor die Meldung mit aktueller
Position an die Rettungsstellen gemeldet wird.
Nun hat unser Henry wieder etwas
zu basteln. Er sucht nach dem Übel des Fehlalarms. Als er die Kontakte des
EPIRBS freilegt ist schnell klar, warum sich der Alarm auslöste. Die gesamte
Elektrik ist total verrostet. Gut zu wissen, dass auch eine verrostete Elektrik
immer noch funktioniert und im Ernstfall immer noch einen Alarm ausgelöst
hätte. Aber darauf verlassen sollte man sich besser nicht. Henry entrostet alle
einzelnen Teile in einer Sissyphus-Arbeit.
Ausserdem hat die
„Monster“-welle auch ihren Weg durch 2 Luken gesucht und 2 Betten durchnässt.
Die müssen jetzt so schnell wie möglich wieder getrocknet werden. Damit aber
das getrocknete Wasser nicht das Salz
zurücklässt, wird die gesamte Bettwäsche erstmal in Süßwasser ausgewaschen und
dann zum Trocknen aufgehängt.
Unsere Mittagsposition: 18° 06,8 N
059°
57,7 W
Logge: 56637
Etmal: 164 sm
Jede freie Minute nehme ich mein Buch
zur Hand. Es ist momentan so spannend, dass ich mich nicht davon lösen kann.
Wenn ich sage, jede frei Minute, meine ich auch immer dann, wenn ich nicht auf
Horizont, Himmel und Meer schaue, denn das geht vor! Es gibt auch weiterhin
nichts vergleichbares, was mich davon ablenken könnte.
Zu Abend gibt
es Fussili aus der Tüte, verlängert mit Käse.
Montag, 12.12.05 – Ankunft in St. Maarten
Zu Beginn meiner Wache mit Henry
von 2.00 – 6.00 h stellt Henry fest, dass es nur noch 80 sm sind bis zum Ziel.
Morgens um 8.00 h gibt es wieder Fehlalarm durch den EPIRB, der aber wieder rechtzeitig abgebrochen werden kann. Kurz darauf sehen wir am Horizont Land. Ich steige auf den Baum, halte mich mit einer Hand am Mast fest und brülle: „Land in Sicht!“, was natürlich im Foto festgehalten wird.
Je näher wir kommen, umso
deutlicher hebt sich die Silhouette der Berge von St. Maarten vom Horizont ab.
Unsere Mittagsposition: 17° 59,9 N
062°
38,8 W
Logge: 56792
Etmal: 155 sm
Hinter der Huk von St. Maarten
schiebt sich langsam ein schwarzer Klotz hervor. Je weiter er sichtbar wird und
die einzelnen Umrisse klarer werden, erkennen wir was es ist: ein Kreuzfahrer
mit schwarzem Rumpf, sehr hohen Aufbauten und zwei Schornsteinen. Das kann nur
die die „Queen Mary 2“ sein.
Jetzt, wo wir kurz vor der
Hafeneinfahrt von St. Maarten stehen, sehen wir noch 3 weitere
Kreuzfahrt-Schiffe.
N E I I I I N N N N , ich will wieder zurück! Nach 22 Tagen auf See, ahne ich, was auf uns zukommt – viele Menschen, Hektik, Lärm, Stress – muss das wirklich sein! Ich will nicht!
N E I I I I N N N N , ich will wieder zurück! Nach 22 Tagen auf See, ahne ich, was auf uns zukommt – viele Menschen, Hektik, Lärm, Stress – muss das wirklich sein! Ich will nicht!
Wir fahren zwischen den zum Teil auf Reede liegenden Kreuzfahrern durch und werfen den Anker um 15.15 h vor der Zollpier. Frank bläst das Dinghi auf und klemmt den Aussenborder an. Nun fahren unser Skipper Henry und Eckhard mit dem Dinghi an Land, um uns ordnungsgemäss einzuklarieren. Während dieser Zeit dürfen wir nicht von Bord. Die Einklarierungsprozedur dauert auch 1 gute Stunde.
Um 17.00 h machen wir in der
Marina St. Maarten fest und klarieren erstmal unser Schiff. Wir tanken ca. 300
Liter Diesel und füllen auch den Wassertank auf.
Im Logbuch halten wir die
Position fest:
18° 01,2 N
063°
02,6 W
Logge: 56817 sm
Nachdem alle Pflichten
einer guten Seemannschaft erfüllt sind, widmen wir uns den seemännischen
Gebräuchen. Der obligatorische „Anleger“ und ein guter Schluck für Rasmus als
Dank für die humanen See- und Wetterbedingungen sind selbstverständlich. Nach
einer erfolgreichen Ozeanüberquerung muss auch ebenso der Schiffsführung gedankt
werden. Gemeinsam manövrieren wir unseren Skipper Henry geschickt in die Nähe
der Badeplattform am Heck des Schiffes und in einem unachtsamen Augenblick
packen Sophia und Frank ihn und befördern ihn mehr oder weniger freiwillig in
die See. Natürlich nimmt er es gelassen hin. Als er wieder zurück an Bord ist
drücken wir ihn alle mal mit einem herzlichen Dank dafür, dass er uns so sicher
und souverän über den Atlantik gebracht hat. Wir sind uns alle einig: wir
hätten keinen besseren und angenehmeren Skipper haben können.
Da wir es so gewöhnt sind, wird
auch heute abend wieder an Deck geduscht. Danach machen wir uns „landfein“,
fertig für den Landgang. Herrlich! Fast zwei Wochen vor Weihnachten mit kurzer
Hose, frischem T-Shirt und Sandalen gehen wir in den Hauptort von St. Maarten –
Phillipsburg. Hier freuen wir uns auf frischen Fisch. Niemand muss kochen, wir
lassen uns alle verwöhnen. Danach geht es noch in eine Bar und wir geniessen
alle typische karibische Cocktails, natürlich nimmt jeder einen anderen
Cocktail. So kann jeder von dem anderen probieren. Jetzt kommen wir so langsam
alle zur Ruhe. Besonders unserem Skipper merken wir an, wie die Anspannung der
letzten drei Wochen doch von ihm
abfällt. Wir alle erkennen an, dass dieser Törn eine riesige Verantwortung für
einen Schiffsführer ist. Er alleine ist
für Schiff und Besatzung verantwortlich und muss sich immer bewusst sein, dass
er sich im Falle eines Unglückes gfs. vor einem Seegericht verantworten muss. Aber
solche Gedanken werden ganz schnell verdrängt. Wir freuen uns und sind vor
allem alle sehr stolz, diesen Törn erlebt zu haben.
Zurück an Bord haben auch die
Kreuzfahrer ihre Pier wieder verlassen.. Sie ist nun wieder frei für neue
schwimmende Hochhäuser, die am nächsten Morgen ihre „Bewohner“ auf dieses
Eiland loslassen.
Um Mitternacht fallen wir alle totmüde in
unsere Kojen.
3100
sm über den Atlantik
Dienstag, 13.12.05 – Urlaub in der Karibik
Nach dem Frühstück gilt es als
erstes wieder unsere Pflichten zu erfüllen. Da niemand weiß, was wir die
nächsten Tage essen wollen, müssen wir uns selbst Gedanken darüber machen. Alle
Mann überfallen den nächsten Supermarkt, der Gott sei Dank gerade gegenüber der
Marina liegt. Überfallen war wohl das falsche Wort. Vor dem Eingang des
Supermarktes stehen zwei Soldaten mit MPs Wache. Entweder sie wachen darüber,
wer hinein geht oder sie passen auf, wer und womit man wieder hinauskommt. Zwei
Einkaufswagen werden hoch voll geladen, einer nur mit Getränken, der andere mit
frischen Lebensmitteln wie Obst und Gemüse. Kartoffeln und Käse sind noch
genügend auf dem Schiff und reichen wohl auch noch wieder für eine Rückfahrt
nach Europa.
Nachdem alles verstaut ist
begeben wir uns noch mal auf Landgang, diesmal bei Tageslicht. Da die ersten Kreuzfahrer
auch schon wieder eingetroffen sind, befinden wir uns leider auch nicht mehr
alleine in der Stadt. Schätzungsweise 4000 bis 8000 Passagiere unterschiedlichster
Nationalitäten bevölkern nun wieder für ein paar Stunden die Karibikinsel. Phillipsburg,
die Hauptstadt des niederländ. Teils liegt auf einer schmalen Landzunge und besteht
aus nur zwei Hauptstraßen mit den unverwechselbaren Namen „Front Street“ und
„Back Street“. Auf diesen wuselt es nur so von Menschen – meistens Amerikaner,
wie ich im Vorbeigehen am Dialekt höre, aber nur von morgens 9.00 h bis
nachmittags 16.00 h, wenn ein Kreuzfahrtschifff mal wieder seine Passagiere
ausgespuckt hat. Luxeriöse Schmuckläden wechseln sich ab mit exquisiten
Boutiquen, die hauptsächlich von den Damen überfallen werden, während die
dazugehörenden männlichen Begleiter meistens die Elektronik- und Kameraläden
bevölkern.
Die Insel wurde am 11.11.1493
durch Christoph Kolumbus gefunden (während in Köln der Straßenkarneval eröffnet
wurde). Da es der Tag des hl. Martin war, nannte er die Insel St. Martin
(franz. ausgesprochen Sankt Martäng,
holl. Sint Maarten)
Die beiden Inselteile koexistieren seither friedlich miteinander. Auf der Insel leben zusammen rund 77.000 Menschen, 36.000 davon im französischen Teil, 41.000 im niederländischen Teil. Die Insel ist also vergleichsweise stark besiedelt. In den 1990er Jahren wurde die Insel sechsmal von Hurrikans heimgesucht. Am schlimmsten wüteten „Luis“ (September 1995) und „Lenny“ (November 1999).
Ich habe noch nie auf so kleiner
Distanz so große Unterschiede in Kultur und Städtebau gesehen wir hier auf St.
Maarten.
Im holländischen Teil wird
vorwiegend englisch gesprochen, im französischen Teil natürlich französisch. Während
auf der schmalen Landzunge in Richtung Flughafen im niederländischen Teil sich
ein Fast Food-Restaurant nach dem anderen reiht und sich die Reklame-vielfalt
besonders auffällig grell und bunt à la Las Vegas präsentiert, habe ich nur
wenige 100 m weiter im franz. Marigot das Gefühl ich befinde mich in einem
kleinen franz. Dorf an der Mittelmeerküste. Wer meine Liebe zu Frankreich
kennt, wird verstehen, dass ich mich im franz. Teil viel wohler gefühlt habe,
als im amerik… pardon im niederländischen Teil. Ach so, es gibt noch einen
klitzekleinen, aber feinen Unterschied: an den franz. Stränden dürfen auch die
Damen „oben ohne“ baden während dies im holl. Teil strikt verboten ist.
Am frühen Nachmittag fahren wir
entlang der Ostküste in Richtung Norden bis zum Oyster Pond , eine kleine nach allen Seiten geschützte Bucht. Sie liegt auf der Landesgrenze, so dass hier das südliche Ufer zu den Niederlanden gehört und das nördliche zu Frankreich. Wir geniessen den Nachmittag an Bord vor Anker und beobachten die Pelikane, wie sie sturzflugartig ins Wasser schiessen, um die erspähte Beute in ihrem Schnabel aufzunehmen. Abends fahren wir mit dem Dinghi ans französische Ufer und geniessen zur Happy Hour von der großzügigen Terrasse des „Captain’s Oliver“ den Blick auf die Bucht und unsere „Kreole“. Nachdem wir von den verschiedenen Cocktails schon einen kräftigen Schwips haben, siedeln wir um ins Restaurant und lassen uns von karibischen Speisen verwöhnen. Hier ist noch nicht sehr viel los und wir haben sehr viel Spaß mit dem Kellner – und er mit uns. Sophia hat es ihm sehr angetan und als wir wieder zurück zum Schiff wollen, haben wir Mühe, sie von ihm loszureissen. Er möchte sie am liebsten festhalten und morgen früh heiraten (wie er sagt). Das geht wiederum Sophia viel zu schnell. Sie fleht: „Lasst mich nicht allein hier!“.
Mittwoch, 14.12.2005
Am nächsten Morgen
starten wir wieder zurück an die Südküste von St. Maarten, vorbei an der Great
Bay mit Phillipsburg und legen unseren Anker in die Simpson Bay, die nächste
große Bucht an der Südküste. Hier liegen wir unmittelbar neben der Start- und
Landebahn des internationalen Flughafens. Wir faulenzen und geniessen das warme
Wasser zum ausgiebigen Baden. Nebenbei beobachten wir die Riesenvögel von
Boeing und Airbus, wie sie starten und landen.
Und auch hier erfreuen wir uns an der phantastischen
Aussicht in der untergehenden Sonne.
Danach setzen wir wieder mit dem Dinghi an Land und spazieren in diesem Teil der Insel die
Hauptstrasse entlang. Diese ist nicht sehr einladend. Nicht nur, weil sie
keinen vernünftigen Bürgersteig hat, auf dem wir uns von den vorbeifahrenden
PKW zurückziehen können, sondern auch das gesamte Ambiente ist für den normalen
Mittel- und Nordeuropäer eher ungewohnt. An der Straße stehen in regelmässigen Abständen
Telegrafenmasten aus Holz, deren Spitzen mit einer schwarzen Leitung verbunden
sind, vermutlich Elektrizität und Telefonkabel. Die Straßenränder sind wenig
gepflegt. Die Häuserreihe zu beiden Seiten der Straße tragen zum Teil typisch
amerikanische Reklametafeln, sehr oft umgeben von grell erleuchteten und
blinkenden Neonlichtern. Nachdem wir so der Straße ca. 30 Min. folgen, erkennen
wir, dass diese Richtung uns keine neuen, vor allem schönere An- und Aussichten
bringt und wir drehen um. Unterwegs lässt uns der Durst in eine kleine Bar
einkehren, die aber leider auch nicht sehr viel karibischen Charme versprüht.
Also verlassen wir es nach zwei Bier und freuen uns wieder auf unsere vertraute
Kreole, die brav in der Bucht vor Anker liegt und auf uns wartet.
Abends in der Koje kommt schon ein bisschen Wehmut auf, denn
am Samstag geht der Flieger wieder Richtung Europa. Es war/ist immer noch eine
schöne Zeit hier an Bord. Vor allem bei dem Gedanken, dass es in Deutschland
jetzt nasskalt ist und in den Nachrichten vor dem ersten Bodenfrost gewarnt
wird. Und wir haben hier schönsten Sonnenschein und Bikini-Wetter.
Andererseits ist es auch wieder schön nach Hause zu kommen
und noch die letzten Tage der Vorweihnachtszeit zu geniessen. 30° C im Schatten
und unter weihnachtlich geschmückten Tannenbäumen zu sitzen passt für uns
Europäer nicht so richtig zusammen.
Donnerstag,
15.12.2005
Im Restaurant „Captain Oliver“ bekamen wir am Dienstag auf
unsere Frage nach einer Steel Band den Tip am heutigen Donnerstag die Friar’s Bay zu besuchen. Dort sollte abends am Strand die Full Moon Party stattfinden mit einer Reggae-Live-Band. Diesen Tip nehmen wir gerne auf und segeln deshalb heute die Westküste entlang, um dort vor dem Strand in der Friar’s Bay den Anker fallen zu lassen. Gesagt – getan! In türkisfarbenem Wasser fällt unser Anker vor schneeweissem Strand. Wir werden schon erwartet: am Strand steht schon der Weihnachtsmann und ein Schneemann in Übergöße. Schnell machen wir das Dinghi klar und Sophia und ich rudern hinüber zu den für diese Region ungewöhnlichen Gesellen. Hier müssen nun diese dickbäuchigen Figuren zum diesjährigen Beach-Model-Contest antreten.
Am späten Abend rudern wir dann noch mal gemeinsam rüber zum Strand, um uns in das Getümmel der
Full-Moon-Party zu werfen. Unter freiem Himmel spielt eine Band einen echten
Reggae und covert die alten Songs von Bob Marley & Co. richtig gut. Hier
lernen wir Ababa kennen, einen gebürtigen Jamaicaner, der uns etwas abseits vom
Partylärm an einem Lagerfeuer Harry Belafontes’s „Jamaica Farewell“ und „Island
in the Sun“ a capella singt. Das verursacht mir dann schon reichlich Gänsehaut.
Mit einem echten
„Bacardi-Feeling“ geht es früh am Morgen angeheitert wieder zurück auf’s
Schiff.
Freitag, 17.12.2005
Den letzten gemeinsamen Abend
wollen wir im französischen Teil von St. Martin verbringen und segeln deshalb
zum Hauptort Marigot, wo wir im Hafen festmachen.
Beim Rundgang durch den Ort
fühlen wir uns in einer anderen Welt. Uns zeigt sich eine vollkommen andere
Kultur. Ich habe das Gefühl, in einem kleinen Ort an der französischen
Mittelmeerküste zu sein. Dieses wird noch verstärkt durch die vielen
französischen Laute, die an mein Ohr dringen. In den engen Gassen gibt es eine
Vielzahl von kleinen nett ausgestatteten Cafés und Bistros. Natürlich gibt es
auch reichlich Boutiquen mit Markenware von Chanel, Gucci , Boss und Co.
Da wir noch etwas Zeit bis zum
Abendessen haben, suchen wir uns schon mal ein idyllisches Restaurant aus und
bestellen einen Tisch für den Abend. Bis dahin vertreiben wir uns die Zeit auf
der Terrasse einer kleinen Bar mit Blick auf die große vorgelagerte Lagune.
Hier das Gedicht:
Auf
den Spuren des Kolumbus
Auf den Spuren des Kolumbus
Wollten wir segeln um den Globus.
Skipper Henry startete in Pforzheim,
Peter kam vom schönen Rhein,
Frank verließ extra das Hofbräuhaus,
Eckhart kam aus Nördlingen `raus
Und weit aus Passau unsere Tscha-Tscha-Maus.
Nicht zuletzt auch Bruno aus des Schiffes
Unterwelt
Steuert, so wie`s uns gefällt.
Und dann ist da noch jemand ohne Identität!
Den brauchen wir immer dann, wenn’s gar nicht mehr weitergeht.
Wir nennen ihn jetzt einfach Karl-Gregor,
das Gerät für den Strom, den Generator.
In Santa Cruz de Tenerife
Trafen wir uns auf „Kreole“, unserem Schiff.
Rank und schlank und ganz schön schnittig,
mit weißen Segeln lag sie da, so richtig schiffig.
Doch vor dem Vergnügen, ihr werdet es wissen
Gab es Arbeit, und nicht nur ein bisschen.
Henry schraubte Tag und Nacht
Damit die Kreole keinen Ärger uns macht.
Der Rest der Crew, der kaufte ein
Bei CARREFOUR, so hieß der Verein.
Kartoffeln, Pasta, Tortellini,
Tomaten, Gurken und Zucchini,
Marmelade, Butter, Eier und Speck
Auch Schinken, Wurst, Honig und Nutella ließen wir nicht weg.
Und sollte das alles nicht reichen auf unserer Tour
10 kg Käse sollten erhalten unsere Frohnatur.
Gegen den Durst Wein, Wasser, Cola und Bier.
Rum gibt’s in der Karibik und nicht hier!
Bevor es los geht muß es sein:
Einen guten Tropfen für Rasmus, das alte Rübenschwein,
damit er uns gibt Wind und Sonnenschein.
Dann ging’s los, ohne Erbarmen.
Sophia und Peter lagen sich schnell beim Fische füttern in den Armen.
Doch schon nach zwei Tagen
Konnten sie den Seegang ertragen.
Zunächst nach Süden sollte der Wind uns
locken
Und dann nach Westen zu den dunklen Augen und den Rasterlocken.
Delfine schwammen um unseren Bug geschwind
Als würden sie rufen: „Schaut her, wer die Schnelleren sind!“
Nach jedem Essen und letztem Biss
Frank’s Spruch der Zufriedenheit: „Schön is`!“
Nur langsam ging es am Anfang voran,
aber nachts zum Schlafen ging die Waschtrommel an.
In der Koje geht’s hin und her und auf und ab.
Eckhart fragt: „Ist das der Passat?“
Dann endlich kam der Langersehnte, auf den wir warten,
Und trieb uns mit 10 kn vorwärts nach St. Maarten.
Tagein, tagaus ohne Unterlass
Sucht Henry nach dem kühlen Nass.
„Wo geht das ganze Wasser denn nu’ hin?
Irgendwo muß es doch ‚rin!
Hat das Boot etwa ein Loch?
Spült Sophia denn schon wieder, ohne immer noch?
30, 60, 100 Liter,
jeden Tag das gleiche Gezeter.
Verständnislos mit den Achseln zuckt der Peter.
Dann muss er wieder `ran mit lautem Tenor
Unsere letzte Hilfe – unser Karl-Gregor.
Der macht aus Wasser mit Salz,
Wasser für den Hals.
Der Nikolaus uns dann was Besonderes bringt,
Henry uns seine Verse vorsingt:
Von kleinen weißen Segelspitzen
Und weiß-rot-grünen Lichtlein die blitzen.
Am schönsten ist es in der Nacht
Da zeigt uns der Himmel seine ganze Pracht.
Sterne, Venus, Mond und Mars
Strahlen ohne Unterlass.
Am 12.12. um 12 Uhr ist es dann soweit,
vor uns liegt St. Maarten, grün und breit.
In der Karibik endlich da,
klangvolle Namen empfangen uns,
St. Maarten, Anguilla, Tortula.
Schwarze Haut, dunkle Augen wunderbar,
die Crew kommt ins Schwärmen, vor allem Sophia.
Nass rasiert und frisch geduscht, damit wir nicht stinken
Zur Happy Hour an der Bar viele bunte Cocktails winken.
Sex on the Beach, Mai
Tai und Caipirinha
Long Island Ice Tea,
Daiquiri und Pina Colada.
Geht die Sonne später unter,
noch mal ins Wasser, ab – und Hose runter.
Abends dann bei gutem Tisch
Gab’s Steak, Fritten, Salat und Fisch.
Beim Frühstück dann das Dinghi flieht
Sophia es nur noch in der Ferne sieht.
Doch Eckart voller Todesmut
Nach langen Stössen erreicht es mit Not.
Das Dinghi lebt, Eckhart ist tot.
Nun sind wir hier – unversehrt und überglücklich.
Henry wir danken dir unendlich.
Zum Zeichen unserer Dankbarkeit
Nimm`dieses T-Shirt, es ist hoffentlich nicht zu weit.
Es soll dir Glück bringen zu jedem Ziel
Begleitet von des Segler’s Spruch:
Immer
eine Handbreit Wasser unter’m Kiel!
Gott sei Dank ist das Gedicht
schon vorgetragen denn als wir zum Digestif nach einem landestypischen Rum
fragen, stellt der Kellner uns 6 Flaschen verschiedener Sorten auf den Tisch,
den wir Reihum probieren dürfen. Danach wird uns die Zunge sehr schwer und die
ausgesprochenen Worte verlieren schon mal den ein oder anderen Buchstaben.
Heute ist gedämpfte Stimmung an
Bord, denn es wird Zeit, Abschied zu nehmen. Henry, Frank und Eckard dürfen
noch eine weitere Woche an Bord der Kreole bleiben und warten heute Abend auf
zwei neue Gäste aus Deutschland. Für Sophia und mich geht dieser Traumtörn zu
Ende. Es ist nun kein Traum mehr. Dieser Traum war in den vergangenen 4 Wochen wahr
geworden.
Abends besteigen Sophia und ich
den Jumbo der KLM mit Ziel Amsterdam, was wir nach ca. 9 Stunden erreichen. Da
wir dem neuen Tag entgegenfliegen landen wir in Amsterdam am Sonntag morgen.
Der europäische Kontinent empfängt uns grau und nasskalt
Sonntag, 19.12.2005
Hier trennen sich nun auch
Sophias’s und meine Wege. Sie sucht sich den nächsten Flug Richtung München
während ich mich nach der nächsten Zugverbindung Richtung Köln erkundige. Ich muss zunächst
vom Flughafen Schiphol zum Hauptbahnhof Amsterdam kommen, um von dort mit dem
ICE nach Köln zu gelangen. Bei der Ankunft in Amsterdam Hbf ist der ICE
natürlich gerade weg. Da ich keine Lust habe, weitere 2 Stunden auf den nächsten
zu warten, entscheide ich mich, mein Glück in den Nahverkehrsverbindungen zu
suchen. Also geht meine Reise von Amsterdam nach Utrecht, dort umsteigen nach
Arnhem, dann weiter nach Eindhoven. Von hier aus nach Venlo, dann endlich in
deutschen Landen bis Mönchengladbach. Von hier habe ich sage und schreibe eine
direkte Verbindung nach Köln. Das war nun ein echtes Abenteuer. Und………. Der
ICE, der 2 Std. später in Amsterdam abgefahren war, ist vor 10 Minuten in Köln
eingelaufen. Abschliessend muss ich feststellen, dass ich zwar 5 Stunden von
Amsterdam bis Köln gebraucht habe, die Aufenthaltszeiten auf den einzelnen
Bahnhöfen jedoch nie länger als 20 Minuten betrugen. So gesehen war es selbst
mit den Nahverkehrszügen eine gute Verbindung. Dieses Erlebnis nehme ich auch
nur auf, weil ich aus den vergangenen drei Wochen absolut relaxed nach Hause
komme und Stress ein Fremdwort ist. Mal sehen, wie lange es dauert, bis auch er
mich wieder einholt!
Von Mönchengladbach aus konnte
ich meinen Schatz informieren, wann ich in Köln eintreffen würde und so steht
sie pünktlich auf dem Bahnsteig. Wir sind beide glücklich, uns unversehrt in
die Arme zu schließen. Der letzte Weg nach Hause mit dem Pkw ist dann ein
Klacks.
Zu Hause angekommen will mir nun
gar nicht eine vorweihnachtliche Stimmung gelingen – wenn wundert es?
Nachwort
Einmal über den großen Teich! Ja,
ich habe es gemacht! Wenn ich die Reise Revue passieren lassen, muss ich sagen,
dass es ein gelungenes Abenteuer war. Kein spektakuläres Abenteuer. Es war eine
schöne Reise. Der Wettergott war uns wohl gesonnen. Auch verlorene Container
wurde nicht gesichtet oder Wale, die wir hätten touchieren und das Boot
beschädigen können. Zu keiner Minute hatten wir das Gefühl, in einer Situation
zu sein die wir als nicht bezwingbar oder gar gefährlich bezeichnen würden. Die
größte Herausforderung bei der Atlantiküberquerung war – zumindest für mich - einen tiefen, erholsamen Schlaf zu finden. Da
es aber andererseits keine wirklich körperlich anstrengende Tätigkeiten gab,
konnten wir dieses Manko mit Faulenzen und einfaches Nixtun nahezu ausgleichen.
Dieses Erlebnis habe ich nun über
einige Monate in 2011/2012 anhand von handschriftlichen Aufzeichnungn
geschrieben. Ich bin erstaunt, wie viele Eindrücke auch nach so langer Zeit
noch im Gedächtnis haften geblieben sind. Vieles kam auch durch das Betrachten
der Bilder wieder ins Gedächtnis. Das Schreiben hat besonders viel Spaß
gemacht, weil dadurch der gesamte Törn noch mal wieder ins Gedächtnis gerufen
wurde mit dem Fazit: ein gelungener Törn, ein wirklich unvergessliches
Erlebnis, dass jeder Segler einmal im Leben machen sollte.
Ach, ich
könnt’ schon wieder los!
Technische Daten der „Kreole“
Länge über Alles: 15,39 m
Breite über Alles: 4,85 m
Tiefgang Kielboot 2,00 m
Dieseltank: 400 l
Wassertank: 1000 l
Motorisierung: 100 PS / 73,5 kW
Kabinen: 4 + 1 Skipperkabine
jede Kabine mit eig. Nasszelle
Kojen: 9
Großsegel (Rollgroß): 42 qm
Genua (Rollreff): 79 qm
Technische Ausrüstung
Echolot,
UKW-Funk,
umfangreicher Navigations-
und Sicherheitsausrüstung,
Wetterempfänger
elektrischer Ankerwinsch,
Doppelradsteuerung,
Sprayhood,
Bimini (Sonnenschutzverdeck
über dem Cockpit), Cockpitdusche,
Warmwasser,
Badeplattform,
Rettungsinsel , Beiboot
Extras
Rollgroßanlage und fliegendes Vorstag, Arbeits- und
Sturmfock, Dieselgenerator (Opt.) und Entsalzungsanlage (Opt.), Wetterfax
(Fastnet-Radio), Inmarsat-E EPIRB-Seenotbake, Radartransponder, elektron.
Seekarte incl. GPS, zweites GPS, Radar, Sprayhood und Bimini
(Cockpit-Sonnenverdeck), Inmarsat-Satelliten-Telefon + zusätzl.
Iridium-Satellitentelefon bei Atlantik- und Transatlantikfahrten (Opt.),
Bugstrahlruder, Ersatzbesegelung, Spannungswandler.