Schon Anfang des Jahres hatte ich mit Schulfreund Ulrich einen Törn geplant mit etwas mehr Zeit, als bisher immer nur 4-5 Tage. Der zunächst angesetzte Termin im Mai konnte nicht gehalten werden. So hatten wir dann die 10 Tage vom 6. - 16.September geplant. Es sollte diesmal auf die Nordsee rausgehen, evtl. nach Norderney oder gar nach Helgoland - wenn Wind, Wetter und Tide stimmt. Die Wettervorhersage im Windfinder sagte eine Woche im voraus gar nichts Gutes voraus und wir waren gespannt, wie sich diese Prognose noch weiter verändern würde, je näher es auf den Abfahrtstermin zuging. Und es wurde besser. Leider passte aber die Windvorhersage mit dem täglichen Tidenkalender nicht überein. Deshalb überlegte ich mir schnell eine Alternative. Segeln ist noch eins der wenigen Freiheiten, die wir nutzen können und es heisst nicht umsonst:
DER WEG IST DAS ZIEL!
Es soll rund um Nord-Holland gehen. Es bleibt nur noch die richtige Richtung auszuwählen - links herum oder rechts herum. Ich entscheide mich, im Uhrzeigersinn zu fahren. Warum? Der Wind soll die ersten beiden Tage aus N bis NW kommen. Wenn wir den direkten Weg zu Nordsee nehmen, würde das bedeuten, hoch am Wind zu kreuzen zur Schleuse nach Den Oever oder Kornwerderzand, um dort dann weiter nach Vlieland oder Texel zu kommen. Wesentlich stressfreier würde es dann mit Kurs Süd laufen. So haben wir raumen oder gar achterlichen Wind. Das ist nicht ganz so spektakulär aber für zwei Herren in gesetzterem Alter wesentlich angenehmer. Auch die Tide einige Tage später für die Strecke Ijmuiden - Texel passt dann besser in der Tageszeit.
7.9.2019 - Samstag Warns -> Lelystad
Vorhersage:
Wind: W-NW 4-5 bft. abnehmend 3-4, später dann wieder 5-6, Schauer und Gewitter möglich.
Also bestätigt sich die Planung; wir gehen rechts herum!


gegen. Hier wollen wir noch die Schleuse ins Markermeer passieren, um dort im Bataviahafen zu übernachten. Unterwegs hören wir auf VHF 01 von der "Centrale Meldepost", daß der Bataviahafen für Passanten gesperrt ist.
Zurückgelegte Distanz: 24 sm, davon 1,4 h motort
8.9.2019 - Sonntag Lelystad -> Amsterdam
Vorhersage:
Wind aus N-NW 4-5 bft, abnehmend 3-4, gelegentliche Schauern
Nachdem ich gestern vier Mal versucht habe, den Hafenmeister in seinem Büro anzutreffen um das Liegegeld zu bezahlen, stecke ich das Geld in eines der bereitgestellten Kuverts, versehen mit Schiffsname und Länge und werfe es in den Briefkasten.
Um 9.30 h lösen wir die Leinen und kommen zügig durch die nahe Schleuse ins Markermeer. Der Himmel zeigt sich nicht von seiner besten Seite und vorsorglich ziehen wir schon Mal unser Ölzeug an. BINGO! Um ca. 11.00 h erwischen uns zunächst einige kräftige Böen und dann auch eine ordentliche Regenschauer. Na gut! So werden die Segel, das Deck und die Besatzung mal abgespült! Um die Mittagszeit wird es freundlicher , aber auch der Wind läßt nach auf 3-4 kn. Wir legen die letzten 5 sm bis zur Schleuse unter Motor zurück. Die Schleuse und die davor liegende Brücke können wir zum Glück ohne größere Wartezeiten passieren. Nun geht es vorbei an der riesigen Bahnhofshalle des Central Station in Amsterdam. Ein kleineres weißes und ein riesiges schwarzes Kreuzfahrtschiff liegen im Hafen. Beim Blick durch das Fernglas sehe ich, daß das kleinere baugleich mit unserer MS DEUTSCHLAND,
dem ehemaligen Traumschiff aus der Fernsehserie ist. Die MS DEUTSCHLAND haben wir selbst erst vor knapp zwei Wochen in Bremerhaven verlassen, nach unserer Grönland- und Island-Reise. Später werde ich im Internet schlauer: es war nicht nur baugleich …..es war die MS DEUTSCHLAND, die nun im Winterhalbjahr als WORLD DISCOVERY im Unternehmen "Semester at Sea" gut betuchten Studenten aus aller Welt ein Studium an Bord anbietet. Das Schiff wurde in knapp zwei Wochen nicht nur von Bremerhaven nach Amsterdam überführt, die türkise Farbe der Phoenix-Flotte wurde nun mit blau übergestrichen. Nächstes Jahr ab April steht sie dann wieder den deutschsprachigen Kreuzfahrern von Phoenix-Reisen zur Verfügung. Verrückte Welt!!!
Wir fahren weiter zur Marina Amsterdam und legen dort um 15.00 h unsere MILES & MORE fest. Nachdem ich Ulrich die feudalen Sanitäreinrichtungen der Marina gezeigt habe, vertrödeln wir den Rest des Tages wieder im Cockpit. Mein Mitsegler ist leider nicht gut zu Fuß, um Amsterdam zu erkunden.
Zurückgelegte Distanz: 24 sm, davon 3,5 h motort
9.9.19 - Montag Amsterdam -> Ijmuiden
Vorhersage: Wind aus NW 3, trocken, sonnig
Um 9.30 h heisst es "Leinen los" mit Kurs Ijmuiden, das Tor zur Nordsee. Der Wind kommt aus westlichen Richtungen. Wir müssen die drei Stunden motoren. Das ist sowieso besser, da doch reger




Zurückgelegte Distanz: 13 sm, davon 3 h motort
10.9.19 - Dienstag Ijmuiden -> Den Helder
Vorhersage:Wind aus West 2-4 bft, später rückdrehend auf S, 2-3 bft.
Gezeiten:
Ijmuiden NW 10.12 h HW 14.36 h
Oudeschild NW 12.29 h HW 19,06 h
Mit einem Wort: I D E A L !
Um 10.00 h verlassen wir die Marina und motoren zunächst 45 Min. raus auf die Nordsee bevor
wir die Segel mit Kurs 0° setzen. Langsam geht es Richtung Norden, dann setzt endlich der Flutstrom ein, der uns anfangs nur wenig, nachher mit 2 kn zu unserem Ziel mitschiebt. SEGELN VOM FEINSTEN! Gegen Mittag bekommen wir nochmal eine Dusche. Als wir den Leuchtturm von Den Helder passieren lacht wieder die Sonne. Der Wetterbericht verheißt uns für morgen Dauerregen und Starkwind. Kurzerhand steuern wir anstatt - wie
ursprünglich geplant - die Insel Texel, den Hafen Den Helder an. Hier gibt es das Marine- und Reddings-Museum, was sich
hervorragend anbietet, um einen verregneten Tag zu verbringen.



Der Hafenmeister vom Königlichen Jachtclub steht schon auf dem Steg, weist uns einen Platz längsseits zu und nimmt unsere Leinen an. Daumen hoch! Dafür spendieren wir € 27,-- für die Nacht, inkl. Strom, Dusche und WLAN.
Den schönen Segeltag krönen wir mit Schupfnudeln, Mettwurst und Sauerkraut - und - KÖLSCH!
11.9.19 - Mittwoch Hafentag Den Helder
Vorhersage:
Wind aus West 6-7 bft, heftiger Regen
Und genau so kommt es. Nach einem leckeren, gemütlichen Frühstück laufen wir zum Marine

Entsprechend den heutigen Erlebnissen reicht unsere Küche an Bord abends Fleischkäse mit Bratkartoffeln und Spiegelei.
Zurückgelegte Distanz: 0 sm
12.9.2019 - Donnerstag Den Helder -> Makkum
Vorhersage:Wind aus West, nachts noch 6 bft, abnehmend auf 3-4, Ijsselmeer W-SW 3-4
Gezeiten:
Den Helder NW 1.05 h HW 7.50 h
Den Oever NW 2.35 h HW 8.50 h



Um 15.30 h haben wir den kleinen Hafen des WSV Makkum erreicht. Nach einer Tasse Kaffee schauen wir den Surfern am nahen Strand zu.

Zurückgelegte Distanz: 27 sm, davon 1,4 h motort
13.9.2019 - Freitag Makkum -> Heeger Meer
Vorhersage:
Wind SW 5-6 bft, später drehend auf NW-N 3-4 bft






Süden. 30 Minuten später entscheiden wir, nicht in Stavoren sondern in Workum in Frieslands Kanäle und weiter ins Heeger Meer zu fahren und dort bereits heute Abend zu ankern. Der Himmel soll klar bleiben, sodass einer Sternenaussicht nichts im Wege stehen sollte. Um 14.45 h legen wir den Anker im Windschatten der Insel Langehoekspolle und...… wieder herrlicher Sonnenschein.



Gegen 20.00 h geht die Sonne unter und kurz darauf erhebt sich der Vollmond auf der gegenüberliegenden Seite aus dem Horizont. Es ist wieder Mal eine wunderschöne Stimmung.

Der heutige Tag hat wieder einmal bewiesen, daß der Segler immer wieder die Freiheit hat und sie sich auch nimmt, unterwegs auf kleinen oder großen Meeren den Kurs zu ändern, denn:

DER WEG IST DAS ZIEL!
Zurückgelegte Distanz: 17 sm, davon 1,9 h motort
14.9.2019 - Samstag Heeger -> Warns
Vorhersage:
Wind nachts 1-3 bft variabel, am Morgen 2-4 bft aus S
Die Nacht war windstill und ruhig. Der Anker hat gehalten. Wir haben 0 Wind und der kommt aus SW. Wir müssen zurück nach Warns motoren. Um 11.10 h liegen wir wieder fest in unserem Heimathafen. Am Nachmittag wird das Schiff aussen und innen geschrubbt.
Der Kontakt der Windanzeige wird geprüft und neu verbunden. Ebenso wird endlich die Beleuchtung im Kompass
verdrahtet. Nach getaner Arbeit genehmigen wir uns ein frisches Bier auf der Terrasse der Pyramide. Am Abend werden die letzten Reste - sowohl fest als auch flüssig - aus dem Kühlschrank vernichtet.


Morgen vormittag geht es wieder zurück in die Heimat.
Es war ein sehr schöner Törn, abwechslungsreich und stressfrei. Schäden gab es keine. Der Skipper ist happy!