15.6.15 So - Tyrislöt – Harstena 11 sm – 2,4 mh
Der Wind, der für diese Nacht angesagt war, blieb aus. Auch
gut. Den Tag lasse ich ganz langsam angehen. Nach dem gemütlichen Frühstück
gehe ich noch eine Runde an Land, um mir die Beine zu vertreten. Um 10.00 h
lege ich dann ab. Mein Stegnachbar Gerard aus Dordrecht hilft mir beim ablegen.
Da ich ja keinen Stromanschluß hatte, muß ich jetzt sehen, dass die Batterien
einigermassen wieder aufgeladen werden. Das geht dann nur mit dem Motor. Der
muß laufen – auch während ich segele. So fahren wir quasi mit doppelter Kraft –
Segel und Motor – deshalb aber nicht doppelt so schnell in Richtung Ankerbucht.
Bevor wir jedoch in diese einbiegen, schaue ich mir vorher noch den Ort
Harstena an, d.h. ich fahre mal kurz dort hinein. Dieser Ort ist so putzig
klein und eng, dass man dort kaum einen Liegeplatz findet. Das Restaurant
stellt 3 oder 4 Liegeplätze zur Verfügung, sonst ist dort aber nichts. Ich
fahre also weiter in die nächste Bucht zum ankern. Zwei Versuche schlagen fehl
– der Anker will nicht halten auf dem verkrauteten Lehmboden (steht im
Revierführer). Beim dritten Mal klappt es dann. Am Nachmittag lasse ich das
Schlauchboot zu Wasser und rudere an Land. Den kleinen Ort Harstena möchte ich
mir nochmal in Ruhe ansehen. Ich finde einen kleinen Trampelpfad,
der mich dann
auch in 15 Min. in den Ort bringt. Was soll ich sagen? Es ist Bullerbü! Die
älteren unter den Lesern werden die Fernsehserie aus Anfang der Siebziger noch
kennen: „Die Kinder von Bullerbü“. So sieht es hier aus! Keine asphaltierte
Straßen. Alle Häuser in schwedenrot mit weiß abgesetzten Rändern, die
Grundstücke ohne Umzäunung, gepflegte Rasen und nette Blumenrabatte. Und
zwischen den Grundstücken immer wieder kleine oder große Felsformationen. Es
gibt kein Auto, zwei so kleine Quads sehe ich und in einem Schuppen stehen zwei
Schneemobile. Auf einem Rasen spielen Kinder. Wahrhaftig! Es sind die Kinder
von Bullerbü! Die ganzen Eindrücke werden nach oben abgerundet mit einem blauen
Himmel und kleinen weißen Wolken – ja bin ich denn hier im Film? Aber der
eigentliche Grund meines Fußmarsches hierhin ist eine Tasse Kaffee und vor
allem ein Stück Kuchen. Am Restaurant stehe „geöffnet“. Also gehe ich durch eine
primitive Holztür (wie früher bei uns am Schuppen), die schmale Holztreppe nach
oben in die Gaststube. Hier stehen sechs Holztische mit Stühlen, gedeckt mit
einer weißen Tischdecke. Die Zimmerdecke ist knapp 2 m hoch. Das ganze erinnert
mich stark an eine Puppenstube. Ich rufe laut „Hallo“ – nix. Ich rufe lauter
„Hallihallo“ –wieder nix. So gehe ich langsam weiter, bis ich schließlich in
der Küche lande. Hier ist auch keiner. Auf dem Herd steht eine Kaffeekanne -
leer! Das ist für mich das Zeichen, hier ist nicht nur kein Mensch, hier gibt
es auch keinen Kaffee und keinen Kuchen. Zuerst ein wenig enttäuscht, aber dann
doch froh, hier gewesen zu sein, verlasse ich diesen idyllischen Ort und trete
meinen Rückmarsch an. Wieder geht es teils über einen breiteren, teils auch
über schmale Pfade zurück durch den Wald, vorbei an einer Unmenge von
Blaubeersträuchern. Mmmmh! Mir läuft das Wasser im Mund zusammen – aber leider
ist es die falsche Jahreszeit! So erreiche ich auch wieder mein Schlauchi.
Dieses und auch das Schiff vor Anker liegen noch an derselben Stelle. Naja –
wenn ganze Restaurants für alle Welt offen stehen, kann ich auch mal eine
Schlauchi und ein Schiff alleine lassen. Auf dem Schiff zurück genieße ich
wieder den gemütlichen Teil des Tages. Abend esse ich den geräucherten Lachs
mit Kartoffelsalat, den ich gestern gekauft habe. Leeeecker!!!
Leider bekomme ich jetzt doch noch einen bitteren
Beigeschmack an dem erlebnisreichen Tag. Der Plotter, der mich alle Tage an
meine Ziele gebracht hat, zeigt nun Mucken. Ich hatte den Ankeralarm gestellt,
doch leider geht der Plotter immer wieder aus. Ich lasse ihn jetzt auch aus und
hoffe, dass er sich morgen wieder erholt hat. Vielleicht ist er nur etwas
überarbeitet!
So sind die Nächte in Schweden: das Foto wurde nachts um 1.30 h gemacht!
So sind die Nächte in Schweden: das Foto wurde nachts um 1.30 h gemacht!
Jetzt fragt nicht "Was macht der nachts um 1.30 h?" Antwort: "Ich mußte pinkeln!"
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